Die Corona-Krise hat aus Sicht der Wohlfahrtsverbände gravierende soziale Härten bis tief in die Mittelschicht hinein verursacht. Sie fordern: Zur wirkungsvollen Bekämpfung, müssen die bestehenden Hilfsstrukturen gestärkt werden.
Hannover (epd). Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen fordern deutliche Investitionen im sozialen Bereich zur Milderung der Folgen der Corona-Pandemie. «Zwar haben zahlreiche Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld, Kinderbonus und Wirtschaftshilfen vorerst den ganz harten wirtschaftlichen Aufprall für viele abgefedert», heißt es in einem am Dienstag vorgestellten Positionspapier. Dennoch seien die gesellschaftlichen Ungleichheiten durch die Corona-Krise verschärft worden und es habe sich gezeigt, «dass das soziale Netz löchriger ist als von vielen angenommen».
«Deshalb fordern wir die Landesregierung und den Landtag auf, bei ihrer Haushaltsplanung die soziale Infrastruktur zu stärken, die Sicherungssysteme armuts- und krisenfest zu machen und wo nötig, sie noch auszubauen», sagte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtspflege, Hans-Joachim Lenke. Nur mit einer aktiven Sozial- und Gesellschaftspolitik könne der weiteren Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich entgegengewirkt werden.
Aktuell fänden in den Regierungen und Parlamenten Diskussionen darüber statt, an welchen Stellen Einschnitte zur Konsolidierung der Haushalte auf Bundes- Landes- oder kommunaler Ebene gemacht werden könnten. «So lange zu sparen, bis wieder das Vor-Krisenniveau erreicht ist, wird nicht die Lösung sein können, sondern schwerwiegende Folgen haben und langfristige Kosten verursachen», mahnte Lenke, der auch Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen ist.
In den Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände suchten mehr überlastete Familien Hilfe. Zugleich sei die Gewalt in den Familien gestiegen und auch eine vermehrte Nachfrage nach Suchtberatungen zu verzeichnen, zählte Lenke einige Folgen der Lockdown-Phase auf. Auch seien sozial schwache Kinder oder Kinder mit Migrationshintergrund in der Pandemie etwa beim Distanzlernen nicht gut unterstützt worden. Teils hätten Kinder in der Isolation sogar grundlegende soziale Kompetenzen verloren. «Da sind Lücken entstanden, die erst geschlossen werden müssen.»
Der Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt AWO Niedersachsen, Marco Brunotte, ergänzte, auch er sehe einen enormen Bedarf etwa für Mutter-Kind-Angebote. Zur Bewältigung der Corona-Krise dürfe es für Kinder und Jugendliche nicht bloß darum gehen, schulische Lernrückstände aufzuholen. Die verbandliche Kinder- und Jugendarbeit könne eine entscheidende Rolle bei der sozialen Bildung spielen. «Wir als Wohlfahrtsverbände sind für die postpandemischen Herausforderungen ein wichtiger Teil der notwendigen Hilfs- und Unterstützungsangebote.»