Knapp 600 Besucherinnen und Besucher haben den 29. englischsprachigen Gottesdienst in der Ohmsteder Kirche an der Rennplatzstraße in Oldenburg verfolgt. Obgleich die Besuchenden am vierten Advent, 22. Dezember, auf den Bänken eng zusammenrückten, konnten einige keinen Sitzplatz mehr ergattern. Geblieben sind sie trotzdem – und wurden dafür mit einer ganz besonderen Stimmung belohnt.
„Eigentlich wollten wir nach dem nächsten Gottesdienst aufhören – dem dann 30.“, wandte sich die Engländerin und Initiatorin der englischsprachigen Gottesdienste Margaret Hollwege an die Gemeinde. Aber nachdem im vergangenen Jahr mehr als 600 Menschen in die Kirche geströmt waren, „haben wir gedacht: Wir können die vielen Besucherinnen und Besucher nicht enttäuschen. Deshalb machen wir weiter!“ Beifall durchflutete die Kirche.
Die Ohmsteder Kirche ist fein herausgeputzt: Ein mehr als drei Meter hoher geschmückter Weihnachtsbaum versprüht festliche Stimmung. In einer Ecke steht ein Krippenspiel aus Holz und von der Decke hing ein Kranz, auf dem vier Kerzen ein stimmungsvolles Licht verbreiten. Im Gottesdienst in der voll besetzten Kirche wechseln sich Redebeiträge – unter anderem die vorgelesene Weihnachtsgeschichte und die Predigt – und von der Gemeinde gesungene Weihnachtslieder (Carols) ab. Zwischendurch gibt es immer wieder Live-Musik: vom Chor Cantabile, von der Familie Hohls sowie von Joanne Meißner und Paula Hyson.
Hollwege hatte den Gottesdienst auf Englisch 1991 gemeinsam mit dem aus den USA stammenden Pastor Dale Eckhart ins Leben gerufen. „Beim ersten Mal – damals noch in der Martin-Luther-Kirche in Oldenburg – waren die Menschen noch skeptisch; da kamen nur etwa 60 bis 70 Besucherinnen und Besucher zu uns“, erinnerte sich die Engländerin. Nunmehr strömen regelmäßig mehr als 500 Menschen in die Kirche, immer am dritten oder vierten Advent, um den Gottesdienst auf Englisch mitzuerleben.
Eckhart ist mittlerweile im Ruhestand, was ihn aber nicht davon abhält, zu diesem besonderen Termin die Predigt zu halten. „We live in a world of fear and anxiety“ (etwa: „Wir leben in einer Welt voller Sorge und Angst“), eröffnet er seine Ansprache an die Gemeinde. Bei den Menschen in Großbritannien löse vor allem der Brexit solche bedrückenden Gefühle aus, bei den US-Amerikanern sei es US-Präsident Donald Trump. Viele Menschen seien zudem enorm gestresst in ihrem Alltag. Um das zu veranschaulichen, erzählt Eckhart einen kurzen Witz: „Eine Tochter bittet ihre Mutter: ‚Mami, Mami, ich wünsche mir einen Hund zu Weihnachten.‘ Die Mutter, die vor lauter Stress gar nicht richtig zugehört hat, antwortet: ‚Nein, bei uns gibt es wieder Truthahn – so wie jedes Jahr.‘“ Der Witz sitzt – schallendes Gelächter. Es sind Momente wie diese, die die besondere Stimmung des Gottesdienstes ausmachen, eine Mischung aus heiterer bis freudiger Gelassenheit, ohne an Feierlichkeit einzubüßen.
Zurück zur Predigt: Veränderungen der neuen Zeit, wie zum Beispiel die Umweltproblematik und die steigende Weltbevölkerung verursachten Sorge und Angst, „aber wir können nicht in die Vergangenheit zurückkehren!“, so Eckhart. „Aber sollen wir aufgeben, weil alles zu kompliziert ist? Nein! Besser ist es, das Gute aus der Vergangenheit und das Gute der Gegenwart mitzunehmen und beides zusammenzufügen!“, regt der Pastor an. „Follow God’s message, leave fear behind and experience joy!“ (etwa: „Folgt Gottes Botschaft, lasst die Furcht hinter euch und erlebt Freude!“), fordert er die Gemeinde auf. Seine Botschaft untermauert er mit einer Liedzeile: „I do whatever it takes“ (etwa: „Ich tue, was auch immer notwendig ist“) der Band „Imagine Dragons“. Und genau das rät er den Menschen: Das Notwendige zu unternehmen, um in die Zukunft zu gehen. Ohne näher darauf einzugehen, was er mit dem Notwendigen genau meint, schließt er die Predigt.
„Die Stimmung ist lebendig, witzig, aufregend“, fasst Hollwege zusammen, was das Besondere am englischsprachigen Gottesdienst ist. In den vergangenen Jahren seien viele junge Leute hinzugekommen. Etwa zehn Prozent der Besucherinnen und Besucher kenne sie persönlich. Der Organist Martin Hohls beschreibt die Stimmung als „fröhlich, feierlich und gleichzeitig festlich“. Er spielt nicht nur auf der großen Kirchenorgel, sondern begleitet auch seine Frau Mona (Gesang) und seinen Sohn Ben (Gitarre) an der Standorgel. „Mit der Familie gemeinsam aufzutreten, ist etwas ganz Tolles, Besonderes“, so Hohls.
„Ich singe gern englische Weihnachtslieder. Die Predigt hier ist kurz und knapp und kommt genau auf den Punkt“, erläutert Swanie Latz aus Oldenburg, warum ihr der Gottesdienst auf Englisch so gut gefällt. Die 78-Jährige hatte in ihrer Jugend an einem Schüleraustausch teilgenommen und ein Jahr in Wisconsin (USA) verbracht. Ulrike Brenholtz (52), die mit einem Amerikaner verheiratet ist, pflichtet der Meinung ihrer Vorrednerin bei: „Die Stimmung ist feierlicher als in einem deutschen Gottesdienst, und die Predigt ist besser. Ich komme jetzt seit 19 Jahren hierher.“
Ein Beitrag von Klaus Eilers.