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Kann ich es wagen, meine alte Mutter oder den betagten Großvater, den Freund mit einer schweren Grunderkrankung  zu besuchen oder könnte es sein, dass gerade ich diesen Menschen das Corona-Virus ins Haus schleppe? Es ist genau diese Angst, die um sich greift und dazu führt, dass Depressionen und Vereinsamung zunehmen. Klaus-Peter Schaps, Facharzt für Innere Medizin und in Wilhelmshaven Leiter des dortigen Corona-Impfzentrums, Apothekerin Aleida Janssen-Scholten und Pastor Bernhard Busemann (Christus- und Garnisonkirche) erleben die zunehmende Verzweiflung im Zuge der Corona-Krise und der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus in ihrem Arbeitsalltag beinahe täglich. 
   
Ein unheilvoller Ablauf, den es zu durchbrechen gilt: Unkomplizierte Schnelltests für jeden, mit denen der Getestete mit hoher Sicherheit Gewissheit darüber erhält, ob er sich mit dem Corona-Virus infiziert hat und damit zur Gefahr für andere wird, oder ob gerade alles in Ordnung ist, sind ein guter Weg aus der Vereinsamung, sind sich Rüdiger Schaarschmidt (Leiter der Evangelischen Familienbildungsstätte) und Bernhard Busemann sicher. Sie treten als Träger für „Wilhelmshaven testet“ auf, ein Projekt, das auf komplett ehrenamtlicher Basis geführt wird. 
   
Corona-Schnelltests können einen Weg zu mehr sozialem Miteinander sein und damit eine Perspektive im Alltag mit Corona. Solche Tests – nur eine Momentaufnahme – aber sie  können die bisher fehlende Sicherheit für einen kurzen Zeitraum geben. Doch das öffentliche Gesundheitssystem kann solche Tests zurzeit gar nicht leisten. Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist ist deshalb froh, dass sich die Evangelische Familienbildungsstätte und die Christus- und Garnisonkirche als Träger des Projekts engagieren. Rund 70 Ehrenamtliche unterstützen das Vorhaben, sie werden im Corona-Testzentrum (einem Sport-Vereinsheim, das gerade nicht benötigt wird) die Abstriche nehmen. Dafür wurden sie bereits von Fachleuten geschult, fortlaufende Begleitung und Nachschulungen sind ebenfalls im Plan. Der Standard entspreche dem in Arztpraxen, erklärte Schaps.  
   
Testen lassen kann sich jeder, der das will und zwar so oft, wie er das für nötig hält. Dafür muss online ein Ticket für ein Zeitfenster von fünf Minuten erworben werden. Menschen, denen das nicht möglich ist, müssten hier auf die Hilfe eines Vertrauten setzen, sagte Dr. Stefan Eilers (Intelligent Mobiles Wilhelmshaven), der die administrativen Abläufe koordiniert. Zwingend nötig sind eine Mailadresse und eine Handynummer. Nach dem Erwerb des Tickets geht es zum angegebenen Zeitpunkt ins Testzentrum, dort wird der Abstrich genommen, das Ganze dauert höchstens fünf Minuten. Das Ergebnis kommt dann nach rund 20 Minuten per SMS aufs Mobiltelefon. Datenschutz sei oberstes Gebot, so Eilers. Es sei sichergestellt, dass keiner der Mitarbeiter das Testergebnis einer Person zuordnen könne. 
   
Nur wenn eine Corona-Infektion festgestellt wird, wird der Code an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt, mit dem sich die getestete Person zurückverfolgen lässt. Ansonsten werden alle Daten nach fünf Tagen vernichtet. Das Testergebnis steht auch als Druckversion zur Verfügung. Die Anmeldungen können ab sofort erfolgen, das Testzentrum wird am 8. Februar öffnen und dann jeweils montags bis Freitag von 12 bis 18 Uhr besetzt sein. Testen lassen können sich übrigens nicht nur Wilhelmshavener.  
   
Um jedem diesen Test zu ermöglichen, werden die Tickets zum Preis von fünf Euro verkauft (Härtefallregelungen sind ebenfalls möglich), der Selbstkostenpreis läge bei etwa 15 Euro. Für die ersten Wochen ist die Finanzierung durch Sponsoren gesichert, weitere Spenden sind willkommen. Wer sich zum Test anmelde, kann auch gerne mehr als fünf Euro zahlen, ab 25 Euro werden Spendenquittungen ausgestellt. 
   
Warum sich ausgerechnet hier Kirche engagiert? „Weil das Ja zum Leben den Kern unserer Botschaft trifft“, sagt Bernhard Busemann und „der ehrenamtliche Einsatz für das Leben ganz oben auf der Agenda steht“, so Rüdiger Schaarschmidt. 
   
Annette Kellin

Zwei Ehrenamtliche bei der Schulung für die Abstrich-Entnahme.
Zwei Ehrenamtliche bei der Schulung für die Abstrich-Entnahme.
Dr. Klaus-Peter Schaps (links) zeigt, wie der Abstrich richtig genommen wird.
Der Mediziner Daniel Jürgensen (rechts) erklärt, wie die Schutzkleidung richtig angezogen wird.
Das Schnelltest-Kit, das Sicherheit bringen soll.
Mit bürgerschaftlichem Engagement sowie der Unterstützung durch Kirche, Sportbund, Stadt, Wirtschaft, Ärzte und Apotheker wird in Wilhelmshaven ein Projekt für Corona-Schnelltestes möglich.