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Was ist der Mensch wert in Zeiten von Mindestlöhnen, Altersarmut und Hartz IV? Woran wird er gemessen, welchen Weg gehen Wirtschaft und Gesellschaft? Mit den klaren, nüchternen Worten aus dem „Lied von der Einheitsfront“ von Bertolt Brecht begann Kreispfarrerin Ulrike Hoffmann den ökumenischen Gottesdienst am Vorabend des 1. Mai in der Oldenburger St. Lamberti-Kirche. Die Forderung Brechts, der Mensch brauche nicht nur Geschwätz, sondern alltägliche Dinge wie Essen und Kleidung, wurde gemeinsam mit dem Psalm 8 zum roten Faden des Gottesdienstes.

 

„Brechts Lied erinnert mehr als deutlich daran, dass unsere Arbeitsbedingungen nicht vom Himmel gefallen sind, sondern erkämpft wurden“, machte die Kreispfarrerin deutlich. Doch dass es gerade heute keinen Grund gibt, im Kämpfen nachzulassen, zeigten die eindringlichen Schilderungen von Bernd Lehmann, Vorsitzender des Ver.di-Ortsvereins Oldenburg, Frank Wegener, Vorsitzender des Stadtverbandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB, und Christa Meyer, Mitglied des Ökumenischen Zentrums. Zum Teil aus eigenen Erfahrungen beschrieben sie die Situation vom Leben in prekären Verhältnissen, von Altersarmut und dem oftmals ohnmächtigen Ausgeliefertsein gegenüber den Behörden. Immer wieder klang durch: Es ist die Würde, die hier verlorengeht.

 

„Der Mensch hat nicht einen Wert, er hat eine Würde. Das ist ein himmelweiter Unterschied“, betonte Klaus Hagedorn vom Forum St. Peter in seiner Predigt. „Das Wort Wert stammt aus der Ökonomie, doch bei einem Menschen geht es um etwas Unschätzbares. Was einen Preis hat, kann ersetzt werden, was über jeden Preis erhaben ist, das ist Würde.“ Mittlerweile werde zwischen Menschen unterschieden, die etwas leisten könnten, und jenen, die in der Wirtschaft nicht von Nutzen seien. „Wir sind auf dem Rückschritt, wenn wir die Würde antasten“, warnte er. „Und genau das tun wir.“ Hagedorn plädierte dafür, „mitten in den Kämpfen dieser Zeit die Fahne hochzuhalten“, denn Werte könnten zu- und abgesprochen werden. „Würde bleibt.“

 

Dem Künstler Markus Weiß gelang es, trotz des ernsten Themas ein Lächeln auf viele Gesichter zu zaubern. Er stellte eine Online-Auktion dar, in der ein Job zu versteigern war. Je höher der Einsatz, den der Einzelne zu bringen bereit war, umso größer seine Chance, diese Arbeit zu bekommen. Damit bot Weiß eine Karikatur vieler Stellenangebote unserer Zeit, in denen immer mehr Flexibilität und persönliches Engagement zu immer niedrigeren Einkommen erwartet wird.

 

Der Gottesdienst am Vorabend des 1. Mai ist entstanden in Zusammenarbeit von Klaus Abraham, Pfarrer der evangelisch-methodistischen Kirche, Klaus Hagedorn, Forum St. Peter, Bernd Höpken, katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB), Ulrike Hoffmann, Kreispfarrerin des Kirchenkreises Oldenburg-Stadt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Norbert Kröger, Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA), Bernd Lehmann, Vorsitzender des Ver.di-Ortsvereins Oldenburg, Barbara Löbner, Ökumenisches Zentrum Oldenburg (ÖZO), Willi Lüpkes, ver.di, Christa Meyer, ÖZO, und Frank Wegener, DGB. Für mitreißende Musik an ungewöhnlichen Instrumenten sorgte die Cadillac Steelband.

 

Ein Beitrag von Anke Brockmeyer

 

Erarbeiteten gemeinsam den ökumenischen Gottesdienst (von links): Klaus Abraham, Frank Wegener, Christa Meyer, Markus Weiß, Klaus Hagedorn, Bernd Lehmann, Markus Paschke, Barbara Löbner und Ulrike Hoffmann. Fotos: ELKiO/ A. Brockmeyer
Die Cadillac Steelband verlieh dem Gottesdienst einen ganz besonderen musikalischen Rahmen.