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Zur Tradition des Pfarrkonventes Wesermarsch gehört der jährliche Besuch eines Betriebes im Kirchenkreis. In diesem Jahr ging es am 6. April um die Situation der landwirtschaftlichen Betriebe in der Wesermarsch. Als Gesprächspartner in Langenriep standen dem Pfarrkonvent Landwirt Hendrik Lübben und Birgit Luiken vom Landvolkverband zur Verfügung.


Landwirt Hendrik Lübben verwies gleich zu Beginn seiner Einführung auf die besondere Situation der Landwirtschaft in der Wesermarsch hin. Da die schweren Böden das Ackern nur auf wenigen Flächen zulassen, bewirtschaften die hiesigen Betriebe ihr Land zu 95 Prozent als Grünland und betreiben eine hochspezialisierte Milchwirtschaft. Die Veränderungen in dem Bereich sind rasant. Die Leistungsfähigkeit wurde enorm gesteigert, die Kühe sind gesünder und die Konzentration der Betriebe hat zugenommen. In den zurückliegenden 15 Jahren haben in Niedersachsen 50 Prozent der Höfe ihren Betrieb eingestellt.


In demselben Zeitraum hat sich auch das Verhältnis der Gesellschaft zur Landwirtschaft sehr verändert. Auf der einen Seite haben nur noch wenige Menschen selbst einen direkten Bezug zur Landwirtschaft, andererseits ist das Interesse an den Nahrungsmitteln gestiegen. Die Menschen achten zunehmend auf die Qualität der Produkte.


Die wirtschaftliche Situation der Milchbetriebe hat sich seit gut einem Jahr dramatisch verschlechtert. Der Wegfall der Milchquote hat innerhalb der EU zu einer 15 prozentigen Produktionssteigerung geführt. Gleichzeitig ist der Export durch das Rußlandembargo und den Rückgang der Exporte nach China um 10 Prozent gesunken. Diese Faktoren zusammen führen zu einem drastischen Preisverfall von 40 ct in 2014 zu jetzt 25 ct pro Liter Milch. Bei einer Kostenspanne von 28 -38 ct/l erwirtschaften alle Betriebe der Wesermarsch in diesem Jahr hohe Verluste und sorgen sich um ihre Existenz.


Als weitere Belastung stellt Hendrik Lübben eine häufig unbegründete und pauschale gesellschaftliche Kritik an der Landwirtschaft dar. In den Medien wird vieles wird einseitig und pauschal dargestellt und trifft die Mehrheit der Landwirte zu unrecht. Dies senkt die Motivation vieler Landwirte und erschwert auf vielen Höfen die Suche nach einem Nachfolger zusätzlich.


Birgit Luiken stellt das Projekt „Lernort Bauernhof“ vom Landvolkverband Friesland/Wesermarsch vor. Es verfolgt das Ziel, die Lebenswelten von Landwirten und Nichtlandwirten wieder näher zusammen zu bringen. Insbesondere Schüler innen und Schüler können in dem Projekt den Arbeitsalltag auf dem Bauernhof selber erleben, um so mit der Landwirtschaft wieder vertrauter zu werden.


Im zweiten Teil des Konventes führt Hendrik Lübben die Pfarrerinnen und Pfarrer über seinen landwirtschaftlichen Betrieb. Er führt den Hof in der fünften Generation, die Geschichte der Familie lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Die 120 ha Weideland liegen direkt um den vor Abbehausen liegenden Hof herum. Seine 150 Milchkühe produzieren durchschnittlich 9.000 l Milch im Jahr. Dies wird je zur Hälfte mit Grund- und Kraftfutter erreicht. Der Betrieb beliefert die Ammerländer Molkerei, die die Milch in einer gesonderten Produktlinie „Weidemilch“ verarbeitet. Zukünftige Investitionsentscheidungen für den Hof sind von der Frage geleitet, wohin das Wachstum gehen soll und vermutlich geht die Richtung der Entwicklung weniger zu mehr Masse als hin zu mehr Qualität. Der jährliche Besuch wurde vorbereitet von Pfarrer i.R. Friedrich Kern.


Dietmar Reumann-Claßen

Pfarrerinnen und Pfarrer vor dem Hof Lübben in Langenriep bei Abbehausen.
Landwirt Hendrik Lübben erläutert den Melkstand.
Fotos: Dietmar Reumann-Claßen