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Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach (1685-1750) gehört zu Weihnachten wie der Tannenbaum und die Geschenke darunter. Die Weihnachtsgeschichte wird Jahr für Jahr an vielen Orten aufgeführt, häufig in der Vorweihnachtszeit. Die Vertonung der altbekannten Erzählung über die Geburt Jesu Christi im Stall von Bethlehem, die Anbetung durch die Hirten und der Auftritt der Engel, ist der Klassiker in der Weihnachtszeit.

Ausgiebig beschäftigten sich Anfang November Expertinnen und Experten sowie Musikerinnen und Musikern mit der Geschichte des Weihnachtsoratoriums, dem Komponisten J.S. Bach und mit einer völlig neuen Fassung des Bach‘schen Weihnachts-Oratoriums mit Jazz-Resonanzen.

Eingeladen hatten Brigitte Gläser Pfarrerin, Leiterin Akademie der Ev.-Luth.Kirche Oldenburg und Beate Besser, Landeskirchenmusikdirektorin der oldenburgischen Kirche. An spannenden Einblicken beteiligten sich die Gäste Gudrun Mawick, Pfarrerin und Kommunikationswirtin, Arbeitsstelle Gottesdienst und Kirchenmusik der Ev. Kirche von Westfalen, Schwerte-Villigst und Dr. Johannes Goldenstein, Pastor der Ev.-luth. Landeskirche Hannover, Projektbüro Reformprozess, Kirchenamt der Ev. Kirche Deutschland (EKD).

Den Tag gestalteten ebenfalls durch ihre Statemants und mit Musikeinspielungen die Westfälischen Saxophoniker Andreas Bootz, Alban Hauser und Frank Wellenbrink aus Bielefeld. Sie haben sich dieser unglaublichen Aufgabe gestellt und das Arrangement der Fassung "Das Weihnachtsoratorium mit Jazzresonanzen" erarbeitet.

An diesem Werkstatttag, Sonntag, 2.11., wurde im Oldenburger Musik- und Literaturhaus Wilhelm13 intensiv diskutiert und musiziert. Die Musiker zeigten durch einige Einspielungen der Adaptionsvorgänge zur Bachmusik, wie anders die Bach‘sche Musik, gespielt mit Saxophonen, klingt – bewiesen gleichzeitig aber auch einen Gleichklang. Denn „Bach und Jazz haben viel miteinander zu tun“, wissen die Experten und verdeutlichten es beispielhaft.

Die Westfälischen Saxophoniker spielen seit vielen Jahren Barockmusik auf Saxophonen, möglichst werktreu, möglichst in damals gehörter Tonart und Spielweise und verbinden große Kirchenmusik-Werke alter Meister mit Jazz. Für Beate Besser sind sie „Richtigen“ für diese außergewöhnliche Aufführung des Weihnachtsoratoriums.

J.S. Bachs Weihnachtsgeschichte ist bekannt und die Musikstücke sind beliebt. Es ist kein einheitliches, im Ganzen komponiertes Musikstück, sondern besteht aus sechs Kantaten. Bach schrieb für jeden Feiertag rund um Weihnachten eine Kantate, für die damals üblichen drei Weihnachtsfeiertage, für Neujahr, den Sonntag nach Neujahr und für den Festtag der heiligen drei Könige.

Der Komponist griff auf bereits vorhandene Musik zurück. Er verwendete die Musik von bereits aufgeführten Kompositionen, ergänzte sie und unterlegte sie mit neuen Texten. Johann Sebastian Bach gehört zu den kreativsten Komponisten der letzten Jahrhunderte.

Heutzutage werden überwiegend die ersten drei Kantaten - die ersten drei Teile, in den Kirchen erzählt. Zur Bach-Zeit gab es sonntags etliche, lange Gottesdienste: drei Stunden Frühgottesdienst, Predigten von einer Stunde, Verkündigungen um die Mittagszeit und mehr. Das Gotteshaus mit den kirchlichen Feiern war ein kulturelles Zentrum. Wer nicht dabei war, verpasste etwas.

Zu Bachs Zeiten entstand das Format Oratorium, eine Ableitung aus Oper und dem lateinischen Begriff Oratorium, ursprünglich die Bezeichnung für einen Gebetssaal. Das Oratorium wird im Gegensatz zur Oper ausschließlich konzertant aufgeführt, das heißt, die Handlung findet ohne Bewegung, nur in den Texten und in der Musik statt.

Über Jahrhunderte folgten viele unterschiedliche Identifikationen der Weihnachtsaufführung. Daher ist  diese Aufführung in Oldenburg für die Veranstaltenden und Mitwirkenden besonders spannend. Die Experten vertraten am Werkstatttag auch unterschiedliche Meinungen: Muss die Rolle der Maria von einer Frau gesungen werden, die männliche Rollen von Männern? Zur Aufführungszeit von Bach übernahmen überwiegend Männer und Jungen alle Rollen. Beate Besser fand das nicht wünschenswert.  Doch Gudrun Mawick riet: „Warum nicht ausprobieren? Solche Kunstwerke bieten Spielraum – genau wie das Zusammenspiel der Westfälischen Saxophoniker mit dem Chor.“

Wie geht das zusammen? Wie wird die Aufführung? Wie kommt die Aufführung beim Publikum an?
Für alle Teilnehmenden ist dieses Konzert eine große Herausforderung. „Bach bietet sich an“, ist Beate Besser überzeugt. Sie stellte das musikalische Konzept vor: „Die Kantaten 1 bis 3 werden ausschließlich mit Saxophon, mit den Originalnoten und Texten von Bach gespielt. Das Instrument Saxophon ist wandlungsfähig, es kann verschiedene Klänge imitieren. Wir haben dadurch die Chance, das Weihnachtsoratorium völlig neu zu hören, denn heute haben wir andere Hörgewohnheiten.“ 

Für die Musiker sei es neu und eine Herausforderung, mit einem Chor zusammen zu arbeiten, verriet Andreas Bootz: "Das ist wie bei Bach, bei dem die Notenblätter auch noch feucht waren.“ Die erste gemeinsame Probe findet Ende November in Oldenburg statt. Ungewiss sei bislang auch, wie der Raum mit dem entsprechendem Licht und der Akustik wirken wird. Für die Saxophoniker sei ein Vorteil der Kompositionen von Bach, dass dies ein Werk sei, „das nicht bis in alle Ewigkeiten so steht. Bach hat produziert, Stücke angepasst und umgeschrieben. Völlig normal für Bach! Und genauso machen wir das auch.“

Der Musiker erklärte, dass der Erfinder des Saxophons vor 200 Jahren geboren wurde, fast 70 Jahre nach J.S.Bachs Tod. Den Standard der heutigen Instrumente nannte er „sehr gut“. Das Saxophon habe die Aufgabe, klassischen anderen Musikrichtungen nachzuspüren. „Die Abfolge von Grundform und Rhythmik bei Bach und Jazz sind sich ähnlich. Akkorde werden erweitert. Bach lieferte eine harmonische Entwicklung. "Wie der geniale Bach schon damals die heute im Jazz oder Pop üblichen Harmonien vorweggenommen hat, das erstaunt noch heute. Und genau das ist das Spannende an Bach.“ 

Mit vielen Eindrücken, Lust auf das Weihnachtskonzert im Dezember und einer Jamsession endete der Werkstatttag. Gemeinsam mit den Saxophonikern Andreas Bootz, Alban Hauser und Frank Wellenbrink unterhielten Pop-Kantorin Karola Schmelzer-Höpfner aus Delmenhorst am Klavier und Christian Höpfner am Schlagzeug die begeisterten Besucher.

KONZERTANKÜNDIGUNG
Das Weihnachtsoratorium von J.S. Bach mit Jazz-Resonanzen
Kantaten 1 bis 3

Ute Engelke, Sopran
Sophia Maeno, Alt
Johannes Kaleschke, Tenor
Werner Kraus, Bass
Ohmsteder Vokalensemble;
Westfälische Saxophoniker, Bielefeld, Direktion. Andreas Boots
Dirigentin: Beate Besser, Landeskirchenmusikdirektorin

Ohmsteder Kirche, Rennplatzstraße, Oldenburg 
Samstag, 20. Dezember 2014,
Beginn 17:00 Uhr, Einlass 16:30 Uhr 

Karten: Preis: 20,- Euro / erm. 15,- Euro, Kinder bis 14 Jahre frei
Vorverkauf:
0441- 7701431  / Ev. Akademie, Haareneschstr. 60
0441 - 3801297 / Ev. Kirchengemeinde Ohmstede, Butjadinger Str. 59
0421 – 363636 / Nordwest Ticket / www.nordwest-ticket.de


Ein Beitrag von Bärbel Romey.




Andreas Bootz, Alban Hauser, Christian Höpfner, Karola Schmelzer-Höpfner, Beate Besser, Gudrun Mawick, Brigitte Gläser, Frank Wellenbrink, Dr. Johannes Goldenstein und Peter Löffler (Jazz-Musik-Initiative Oldenburg) (von links nach rechts) Foto: Bärbel Romey
Andreas Bootz, Alban Hauser, Christian Höpfner, Karola Schmelzer-Höpfner, Beate Besser, Gudrun Mawick, Brigitte Gläser, Frank Wellenbrink, Dr. Johannes Goldenstein und Peter Löffler (Jazz-Musik-Initiative Oldenburg) (von links nach rechts) Foto: Bärbel Romey