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Eine Zeitreise durch die Jahrhunderte biblischer Geschichte und ihrer Interpretation bietet die Ausstellung „Kinderbibeln – Bilder vom Holzschnitt bis zum Comic“, die bis zum 9. Februar 2013 in der Oldenburger Landesbibliothek zu sehen ist. Originalbibeln aus verschiedenen Epochen, dazu eine Vielzahl von Einzelmotiven zeigen, auf welch unterschiedliche Weise sich Künstler in ihrer jeweiligen Zeit den Texten der Bibel angenähert haben.

Es sind Erzählungen von mutigen Männern und tapferen Frauen, von der Vision einer friedlichen Welt und von einem gnädigen Gott. Geschichten, von denen Martin Luther meinte, sie sollten nicht nur den Gelehrten zugänglich sein, sondern auch Laien und Kindern. Mit seinem „Passional“ von 1529, einer bebilderten Bibel mit kurzen, leicht verständlichen Texten, ist der Reformator sozusagen der Begründer der Kinderbibel. Rund tausend Titel sind seither für evangelische, katholische und jüdische Kinder entstanden. Erstaunlich: Allein seit der Jahrtausendwende haben es etwa 200 neue Kinderbibeln in die Auslagen der Buchhandlungen geschafft. „Je stärker die Säkularisierung fortschreitet, umso mehr Konjunktur haben die Kinderbibeln. Allerdings halten sich nur wenige Neuerscheinungen am Markt“, hat die Theologin Prof. Dr. Christine Reents beobachtet. Sie ist Kuratorin der Ausstellung und befasst sich seit den 1980er Jahren mit der Erforschung von Kinderbibeln.

In seinem Grußwort zur Eröffnung der Ausstellung in der Oldenburger Landesbibliothek dankte Pfarrer Henning Eden, Studienleiter der Arbeitsstelle für Religionspädagogik der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Christine Reents und der Landesbibliothek für „dieses in der Bundesrepublik einmalige Unternehmen“. Die Ausstellung zeichne sich unter anderem dadurch aus, dass sie die Erziehungswirklichkeiten und historischen Kontexte ab dem Mittelalter abbildet und Martin Luther als Kind des Humanismus einordnet. Zudem reiche sie bezeichnenderweise hinein in das kommende Themenjahr der Lutherdekade.

 

Eden erinnerte an die Idee Luthers, jedes Kind an Bildung heranzuführen. Es habe sich zwar nicht durchhalten lassen, dass jede Christin / jeder Christ mit zehn Jahren das Evangelium kenne, wie es Luthers Vorstellung entsprochen habe. „Aber es blieb der Fokus auf die Entwicklung der Kinder“, so Eden über Luther, der sich bei den Ratsherren aller Städte für Schulen einsetzte. „Es war dann wohl folgerichtig, dass im Geiste des Humanismus Bibeln bebildert und pädagogisch aufbereitet wurden.“ Neben Henning Eden sprachen auch Prälat Peter Kossen vom Bischöflich Münsterschen Offizialat und Rabbiner Jona Simon von der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg Grußworte zur Ausstellungseröffnung.

Die bebilderten Bibeln waren in früheren Zeiten mehr als nur das Wort Gottes. Sie wurden zum Lesen lernen genutzt, die schwarz-weißen Bildchen – Vierfarbdruck war lange viel zu kostspielig für Kinderbücher – wurden ausgemalt. Vor rund 50 Jahren erlebte das Buch der Bücher als Kinderbibel dann eine Wandlung: Statt grausamer und oft blutrünstiger Bilder tauchten vermehrt Illustrationen auf, die auf kindliche Sehgewohnheiten abzielten. „Bilder bieten einen größeren Freiraum zur Aktualisierung als Worte“, erklärt Christine Reents die Veränderung des Erscheinungsbildes.

Runder, farbenfroh, freundlich präsentierten sich die neuen Bibeln, für die ein Name im Besonderen steht: der Künstler Kees de Kort, dessen Bilder die Reihe „Was uns die Bibel erzählt“ maßgeblich prägten – ein „Weltbestseller, der in über 40 Sprachen übersetzt wurde“, begeistert sich Christine Reents. Mit den Zeichnungen änderte sich nach und nach auch das Frauenbild, so Reents. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von Rut, die von der demütigen Bittstellerin zur selbstbewussten jungen Frau wird – und es zur Comic-Titelfigur bringt. Die Bibel als Comic? Für Christine Reents kein Problem. „Es ist wichtig, auf die veränderten Seh- und Lesegewohnheiten von Kindern zu reagieren“, findet die 82-jährige Theologin.

Die Ausstellung „Kinderbibeln – Bilder vom Holzschnitt bis zum Comic“ ist täglich außer sonntags in der Landesbibliothek, Pferdemarkt 15, in Oldenburg zu sehen. Zur Ausstellung ist im Verlag Isensee ein reich bebilderter Katalog erschienen. Mehr Informationen finden Sie online unter: www.lb-oldenburg.de

Ein Beitrag von Anke Brockmeyer.

Der Twistringer Künstler Jochen Tiemann alias Bafuß bietet Bibelgeschichten zum Entdecken, hier die Geburt Jesu. Auch von der Erschaffung der Welt, der Arche Noah, dem Turmbau zu Babel, dem Auszug aus Ägypten und von Jona und dem Wal gibt es diese „Wimmelbilder“. © Bafuß/Jochen Tiemann
Die „Schulbibel“ von Jakob Ecker, illustriert mit Werken des Malers Philipp Schumacher, hatte wegweisenden Einfluss auf die Entwicklung des katholischen Bibelunterrichtes.
Rüdiger Pfeffer ist einer der renommiertesten Künstler im Bereich Kinderbibel. Aus seiner Feder stammt die Comic-Version der Rut unter dem Titel „Rut. Happy End in Betlehem“ © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
Julius Schnorr von Carolsfeld, einer der bekanntesten Maler der Nazarenischen Kunst, malte dieses Motiv „Mose empfängt die Gesetztafeln“ Mitte des 19. Jahrhunderts.
Die zweibändige deutsche Bibelausgabe von 1483, auch Koberger-Bibel genannt, gilt als eines der wichtigsten Druckwerke des Buchdruckers und Verlegers Anton Koberger.
Eröffnung der Kinderbibelausstellung in der Landesbibliothek (von li. nach re.): Rabbiner Jona Simon (Jüdische Gemeinde zu Oldenburg); Prof. Dr. Dagmar Freist, (Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg); Prälat Peter Kossen (Bischöflich Münstersches Offizialat); Prof. em. Dr. Christine Reents (Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel), Kuratorin der Ausstellung; Corinna Roeder, Leiterin der Landesbibliothek Oldenburg, sowie Pfarrer Henning Eden (Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg).