Wilhelmshaven (epd). Unter den Brutvögeln im niedersächsischen Wattenmeer grassiert die Vogelgrippe. Besonders betroffen seien Brandseeschwalben, die derzeit in Kolonien auf den Inseln Baltrum, Langeoog und Minsener Oog brüten, teilte die Nationalparkverwaltung am Freitag in Wilhelmshaven mit. Minsener Oog liegt südöstlich von Wangerooge und ist für den Tourismus gesperrt. Die kleine Insel beherberge mit rund 3.000 Brutpaaren die derzeit größte Brandseeschwalben-Kolonie im niedersächsischen Wattenmeer.
Das hochinfektiöse Vogelgrippevirus H5N1 breite sich rasant aus und habe allein auf Minsener Oog bereits zu mehr als 900 Totfunden geführt, hieß es. Die Dunkelziffer werde auf ein Vielfaches geschätzt. Ein Ende des Seeschwalbensterbens sei derzeit nicht abzusehen. Sie erkrankten derzeit im gesamten südlichen Nord- und Ostseebereich, in Nordfrankreich und in den Niederlanden. Auch Flussseeschwalben, Lachmöwen und Basstölpel seien von der Vogelgrippe betroffen.
Naturschutzwarte suchten täglich nach verendeten Tieren, um den Verlauf des Infektionsgeschehens zu verfolgen. Es müsse befürchtet werden, dass viele Küken nicht mehr durch ihre Eltern gefüttert werden können. «Dies bedeutet ihren sicheren Tod, da sie verhungern», erläuterte der Vogelschutzexperte Dietrich Frank.
Brand- und Flussseeschwalben können den Angaben zufolge 20 bis 25 Jahre alt werden und beginnen bereits im Alter von ein bis drei Jahren mit der Fortpflanzung. Beide Arten stehen auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands und gelten als stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht.
Die Auswirkungen auf das ökologische Gefüge über das Wattenmeer hinaus lasse sich derzeit noch nicht abschätzen, sagte der Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, Peter Südbeck. Er warnte eindringlich davor, tote oder mutmaßlich kranke Vögel anzufassen. Menschen könnten zu Virenträgern werden und den Erreger in andere Teile des Landes verschleppen. Die Tiere sollten an Ort und Stelle belassen werden, damit diese dort gegebenenfalls in Ruhe sterben können. Auch Hunde sollten auf Abstand gehalten werden.