Viele Interessierte haben in den vergangenen zwei Monaten die Veranstaltungsreihe „Gottesbild der Religionen" in Oldenburg besucht, in der der Glaube und das Gottesbild von Juden, Christen und Muslimen vorgestellt wurde. Barbara Heinzerling, Geschäftsführerin der Evangelischen Erwachsenenbildung (EEB), lobte die unerwartet hohe Resonanz dieses niedrigschwelligen Angebotes der EEB und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB).
Über das Judentum informierte der Rabbiner Tobias Jona Simon in der Synagoge in Oldenburg. Das Gottesbild im Christentum stellten die evangelische Pfarrerin Anja Kramer und der katholische Pfarrer Jan Kröger in der katholischen Kirche St. Marien zur Diskussion. In der Haci-Bayram-Mosche erhielten über 100 Besuchende von Yakup Castur einen Einblick in die Gebräuche der Moschee und das Gottesbild im Islam.
Der Höhepunkt und Schlusspunkt der Veranstaltungsreihe war im Dezember die Lesung „Nathan der Weise", mit Kammerschauspieler Horst Mehring in der Gertrudenkapelle Oldenburg. Passend zu den drei Veranstaltungen treten in dem Drama die drei Weltreligionen miteinander in einen Dialog. Mehring begeisterte die Besucherinnen und Besucher mit seiner Kurzfassung des Nathans. Musikalisch begleitete die Lesung Steffen Schöps, Popkantor der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg.
„Welche Religion sagt die Wahrheit? Es stellt sich die Frage: gibt es eine Wahrheit?", führte Pastor Jens Teuber, Vorsitzender der EEB Oldenburg, in die Lesung ein.
Kammerschauspieler Mehring kennt das Drama um Nathan seit langem. Seiner Erkenntnis nach teilten nur wenige den Weg Lessings, durch Toleranz und Verstehen zu einer besseren Welt zu finden: „Das ist keine Utopie, sondern Gewissheit, Lessing war sich dessen bereits vor 250 Jahren bewusst." Mehring stellte in Kürze Lessings Leben und durch Dialoge zwischen Nathan und anderen Personen die drei Weltreligionen dar.
Nachdem der Jude Nathan seine Frau und sieben Söhne verloren hatte, nahm er ein Christenkind bei sich auf. Dieses hohe Maß an Toleranz kreideten ihm viele Zeitgenossen an, denen er begegnete. In einem Gespräch mit dem Sultan und die Frage nach der richtigen Religion ging es um die berühmte Ringparabel, die eine Lösung in Bezug auf den Wahrheitsanspruch der Religionen finden will.
Mehring erzählte Nathans Parabel: Vor seinem Tod vermachte ein Vater seinen drei Söhnen je einen Ring, da er sich nicht für einen entscheiden konnte, hatte er zwei weitere identische Ringe anfertigen lassen. So wie es keine Antwort gibt, wer der richtige Fürst sein kann, konnte auch die Frage des Sultans nach dem rechten Glauben nicht beantwortet werden. Jede Religion ist nach Treu und Glauben von den Vorfahren überliefert. Wem sollen wir denn glauben. Der Rat des Richter an die Söhne war, dass jeder glauben solle, sein Ring sei der rechte, er glaube an die Kraft und die Liebe in innigster Ergebenheit zu Gott. „In der Schlussszene des Stückes führt Nathan alle Beteiligten zusammen, für Nathan waren alle Menschen Brüder", erklärte Mehring. „Die Quintessenz des Stückes lautet: wir sind nicht Todfeinde, sondern Brüder und Schwestern, Kinder eines Vaters", schloss Horst Mehring seine Lesung.
Die Idee zu der Veranstaltungsreihe hatte Anni Schäfers, stellvertretende Vorsitzende der KEB, nach Lesen eines Beitrages über die Frage nach Religionen in einer überregionalen Zeitung.
Dr. Michael Kodde, Vorsitzender der KEB Oldenburg lobte, dass die Veranstaltungsreihe „alle Erwartungen übertroffen habe. „Das ist ein Abend, den wir nicht vergessen werden", er dankte den Gästen in der Gertrudenkapelle stellvertretend für die vielen Teilnehmenden der anderen Veranstaltungen. Er sei guten Mutes, denn die Gäste zeigten durch ihr Interesse Toleranz an der religiösen Vielfalt.
Mehr als 100 Teilnehmende hätten zuvor je bei Veranstaltungen die Moschee, Synagoge und Kirche besucht, das zeige eindrucksvoll, was heute möglich ist. „Es ist ein Zeichen, dass Toleranz auch gegenüber unseren neuen Mitbürgern möglich ist."
Die beiden Erwachsenenbildungseinrichtungen werden ihre Zusammenarbeit fortsetzen und an dem interreligiösen Dialog weiterarbeiten, kündigte Barbara Heinzerling an.
Teuber betonte: „Wir haben in unserer kulturellen Tradition großartige Texte, die sich lohnen, immer wieder neu entdeckt zu werden. Ich bin glücklich, dass den beiden Künstlern so großartig gelungen ist, die moderne Musik und alten Text so zu präsentieren." Er kündigte die Wiederholung dieser Lesung im kommenden Jahr an, da viele Menschen wegen der früh ausverkauften Veranstaltung abgewiesen werden mussten. Beide Künstler hätten bereits zugesagt.
Ein Beitrag von Bärbel Romey.