Die Überraschung war perfekt, als bei der Verabschiedung in den Ruhestand von Pfarrer Wilfried Scheuer am ersten Adventssonntag in der Visbeker Emmauskirche Bischof Heinrich Timmerevers aus Dresden mit in die Kirche einzog. Beide waren lange Jahre in Visbek als Gemeindepfarrer tätig, bevor Heinrich Timmerevers zunächst bischöflicher Offizial in Vechta wurde und 2016 zum Bischof des Bistums Dresden Meißen ernannt wurde.
Fast 34 Jahre war Wilfried Scheuer Pfarrer in Visbek und in allen Ansprachen und Grußworten kam die große Wertschätzung und der Respekt für das, was der 64jährige in Visbek geleistet hat, zum Ausdruck. Bevor er ihn offiziell mit Urkunde in den Ruhestand versetzte, würdigte Bischof Adomeit noch einmal Scheuers Wirken in Visbek. Er beschrieb ihn als einen freundlichen und den Menschen zugewandten Pfarrer, der mit „leisen Tönen“, aber konsequenter Beharrlichkeit seine Gemeinde gestaltet habe. Im Zentrum seines Tuns habe immer Gottes Wort und seine Verkündigung gestanden, was die Menschen gespürt hätten.
Adomeit erinnerte noch einmal an den Werdegang von Wilfried Scheuer, der zunächst so gar nichts mit dem Pfarrberuf zu tun hatte: Geboren in Wilhelmshaven, machte er zunächst eine Ausbildung zum Steuerberaterfachgehilfen. Doch eine ehrenamtliche Ausbildung zum Lektor änderte seinen Lebensweg. „Bei der Lektorenausbildung habe ich für die Kirche Feuer gefangen“, beschreibt er seine Wandlung und studierte daraufhin Theologie in Wuppertal und Göttingen. Sein Vikariat machte er in Wildeshausen und bei einer Suchtberatungsstelle in Oldenburg und der Suchtklinik der Diakonie in Ahlhorn. Anfang 1986 übernahm er dann die Predigtstellen in Visbek und Langförden mit damals 1000 Gemeindegliedern, die heute auf 1900 angewachsen sind. In seine lange Zeit in Visbek und Langförden fallen viele Ereignisse, die die Gemeinde voran gebracht haben: Der Neubau der Emmauskirche in den 1990ger Jahren, die Überführung der alten Bartningschen Kirche nach Litauen, die Freundschaft zur ev. Kirche in Litauen, der Bau einer Friedhofskapelle auf dem Visbeker Friedhof, die Gründung der VILA Stiftung und vieles andere. Bei all diesen Maßnahmen wirkte Wilfried Scheuer als „Spiritus rector“ mit. Aber auch Langförden, der kleinere Teil der Gemeinde, lag ihm am Herzen: Hier begleitete er Baumaßnahmen wie den Bau des Glockenturmes und die Grundsanierung des Gemeindehauses. Besonders lag ihm genau wie in Visbek die Vertiefung des ökumenischen Dialogs am Herzen. So wird allen Langfördenern der Abend der 1000 Lichter in lebendiger Erinnerung bleiben, als mit einer Lichterprozession von der katholischen zur evangelischen Kirche gelebte Ökumene praktiziert wurde. Ebenfalls wirkte er an der Gründung der ökumenischen Bibelgespräche maßgeblich mit.
Auch in Visbek war ihm in den 34 Jahren seines Wirkens die Ökumene eine Herzensangelegenheit. Erinnert sei an das Evangelikar, das von 99 katholischen und evangelischen Christen geschrieben worden ist und seither im Rahmen eines besonderen Gottesdienstes jährlich zwischen der Emmaus-Kirche, der katholischen St.-Vitus-Kirche und der katholischen Kirche in Rechterfeld wechselt. Am Entstehen dieses Werkes waren in besonderem Maße die beiden Pfarrer Scheuer und Timmerevers beteiligt. Auch dieser tiefen ökumenischen Verbundenheit wegen hatte der Bischof von Dresden und Meißen den weiten Weg auf sich genommen, um an der Verabschiedung teilzunehmen. In sehr persönlichen Worten dankte Heinrich Timmerevers Wilfried Scheuer für die langjährige fruchtbare Zusammenarbeit. Sie habe ihm im Gespräch mit seinem „im Du verbundenen“ Amtsbruder neue Wege der Ökumene aufgezeigt, ohne Trennendes zu verwischen. Im Andenken an diese für ihn fruchtbare Zeit der Zusammenarbeit stehe jetzt in seinem Amtszimmer in Dresden eine Miniatur des Kreuzes aus der Emmauskirche, das damals ein Geschenk an ihm war.
In seiner Predigt legte Pfarrer Wilfried Scheuer dann den Predigttext des ersten Adventsonntages aus dem Römerbrief des Apostels Paulus dahingehend aus, dass gerade die Adventszeit uns Christen dazu auffordere, Gottes Gesetz der Nächstenliebe zu praktizieren. Diese Botschaft im Trubel der Weihnachtsmärkte und des Kaufrausches nicht zu vergessen und dem Nächsten mit seinen Nöten und Sorgen zugewandt zu bleiben, sei für uns Christen wichtiger denn je.
Bischof Adomeit dankte aber auch der Familie von Wilfried Scheuer, wisse er doch darum, dass das Leben in einem Pfarrhaus nie Privates von Beruflichem trennen könne und den Angehörigen oft viel abverlange. Er freue sich, dass Marlies Scheuer und die beiden Kinder Martin und Gesine immer an der Seite ihres Mannes und ihres Vaters gestanden hätten und so zum Gelingen seiner Gemeindearbeit beigetragen haben.
Beim anschließenden Empfang im Saal Diekhaus setze sich der Reigen der anerkennenden und wertschätzenden Worte fort. Bürgermeister Meyer lobte die gute Zusammenarbeit mit der politischen Gemeinde. Man habe vieles auf den Weg gebracht, was ohne Pfarrer Scheuer mit seiner ruhigen und ausgleichenden Art nicht möglich gewesen wäre. Pfarrer Lücker von der katholischen Gemeinde erinnerte noch einmal an die ökumenischen Aktivitäten. Doris Fangmann als Vorsitzende des Gemeindekirchenrates fasste alle Redebeiträge der Anerkennung und Wertschätzung zusammen mit der Übergabe eines Abschiedsgeschenkes in Form einer Stele, die Komponenten seines Tuns beinhaltet: Die Bibel, die Kirche und alles, was Pfarrer Wilfried Scheuer für Visbek und Langförden bewirkt hat.
Seine Nachfolger, das Pfarrerehepaar Hilgen-Frerichs, bisher in Bakum und Dinklage tätig, werden ab 2020 seine Nachfolge antreten.
Carsten Homann