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Bessern sich Bewohner der Diakonie Himmelsthür mit Prostitution ihr Taschengeld auf? Ein schwerwiegender Vorwurf, dem Einrichtung und Polizei nun nachgehen wollen.

Hildesheim (epd). Nach Vorwürfen, behinderte Bewohner der Diakonie Himmelsthür würden sich ihr Taschengeld mit Prostitution aufbessern, hat die Leitung der größten Behinderteneinrichtung Niedersachsens am Sonnabend Kontakt mit der Polizei aufgenommen. «Wir wollen alles tun, um den Sachverhalt aufzuklären», sagte die Sprecherin des diakonischen Unternehmens, Pastorin Ute Quednow, dem epd. Laut einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom Sonnabend hat der Vater einer Himmelsthür-Bewohnerin den Stein ins Rollen gebracht. Die erwachsene Frau sei aber nicht selbst betroffen, hieß es.

Ein Sprecher der Polizeiinspektion Hildesheim sagte dazu dem epd, der Polizei sei von derartigen Vorgängen nichts bekannt. Am Montag solle in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft entschieden werden, ob ermittelt werde. Der Vater habe sich direkt an die Presse und nicht an die Polizei gewandt, ergänzte der Polizeisprecher am Sonnabend.

Gegenüber der Zeitung bestätigten dem Bericht zufolge mehrere Betreuer und ein ehemaliger Zivildienstleistender die Darstellung des Vaters. In den Aussagen tauchten wiederholt Hinweise auf, dass Zigaretten als Bezahlung für Sex verwandt worden seien. Überdies seien «schwarze Zuhälterlimousinen» vor den Wohnanlagen im Stadtteil Sorsum beobachtet worden, die mehrere Frauen mitgenommen hätten. Der Vater hatte nach Zeitungs-Angaben außerdem behauptet, dass sich behinderte Bewohner am Hildesheimer Hauptbahnhof angeboten hätten, was die Polizei allerdings bisher nicht beobachtet hat.

Die Einrichtung habe am 9. Januar von den Vorwürfen erfahren und sich dann selbst auf den Weg gemacht, um sie zu prüfen, sagte Quednow. Aus den Gesprächen mit Bewohnern und Beschäftigten hätten sich aber bisher keine Hinweise ergeben. Die Polizei habe Himmelsthür-Direktor Ulrich Stoebe und Regional-Geschäftsführerin Judith Hoffmann am Sonnabend gesagt, die Beamten würden den Hinweisen nachgehen. Dabei könne es aber auch sein, dass die Vorwürfe «in sich zusammenfallen».

«Prostitution ist eindeutig ein Verhalten, das wir hier nicht dulden werden», sagte Direktor Ulrich Stoebe der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Der sexuelle Missbrauch behinderter sogenannter «widerstandsunfähiger» Menschen ist eine Straftat und wird laut Paragraf 179 des Strafgesetzbuches mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet. Schon der Versuch ist strafbar.

Zur 1884 gegründeten Diakonie Himmelsthür mit Hauptsitz in Hildesheim gehören landesweit 20 Standorte mit rund 2.000 Wohnplätzen für behinderte Menschen und 2.400 Mitarbeitern. In Hildesheim und Umgebung sind es 860 Bewohner und 800 Beschäftigte.