Es gab Vorträge, Workshops und Gesprächsrunden, Hospizdienste und weitere Institutionen aus der Regionstellten ihre Arbeit vor, und überall fanden angeregte Gespräche statt: Bei der Fachtagung „TADEA“, dem Tag der ambulanten Kinderhospizarbeit am Samstag, 20. Februar, im Kulturzentrum PFL waren all jene angesprochen, die beruflich oder privat mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, welche von einer lebensbedrohlichen oder lebensverkürzenden Erkrankung betroffen sind.
„Dieses strahlende Kind, das gerade richtig sprechen gelernt hatte, sollte so schnell schon wieder alles verlieren?“ Diese Frage stellte sich Anette Könner, als bei ihrem Sohn Jan im Kleinkindalter MPS festgestelltwurde – Mukopolysaccharidose,eine fortschreitende Stoffwechselerkrankung. Jan könne vielleicht das Pubertätsalter erreichen, wurde der Mutter damals gesagt. Was die Diagnose für sie und ihre Familie bedeutete, erzählte sie im Workshop „Leben – Trotzdem!“. „Ich möchte allen Betroffenen Mut machen“, betonte Könner. „Das Leben kann trotzdem glücklich sein. Es ist anders, aber es gibt trotzdem viele Momente der Freude.“
Weitere Workshops drehten sich unter anderem um die Gestaltungsmöglichkeiten des Abschieds, boten einen Blick hinter die Kulissen des Kinderhospizdienstes und informierten über die Online-Begleitung für trauernde Jugendliche und junge Erwachsene.
„Vor zehn Jahren kam uns die Idee einer Fachtagung, um Interessierten zu zeigen, wie vielfältig unsere Angebote sind und welche Organisationen es gibt, mit denen wir Hand in Hand zusammenarbeiten“, erklärte Lucia Loimayr-Wieland vom Ambulanten Kinderhospizdienst der Stiftung Evangelischer Hospizdienst Oldenburg. Jeweils zwischen hundert und zweihundert Besucherkamen bisher zu den „TADEA“-Veranstaltungen; in diesem Jahrfand die Tagung zum fünften Mal statt.
„Bei der letzten Tagung lag ein Schwerpunkt auf der Arbeit mit Jugendlichen. Diesmal wollen wir ein breites Spektrum vorstellen, auch weil der Kinderhospizdienstjetzt zehn Jahre besteht“, so Loimayr-Wieland. „Unsere Grundintention ist, die Menschen zu informieren, damit sie Bescheid wissen und über unsere Arbeit reden – genauso selbstverständlich, wie man zum Beispiel über die Arbeit in Kindergärten Bescheid weiß und sich darüber austauscht. Der ‚TADEA‘-Tag ist übrigens immer ein fröhlicher Tag“, sagtedie Expertin. „Unsere Arbeit steckt voller Leben. Für die Familien, die zu uns kommen, ist ihre Ausnahmesituation Normalität.“
Von den schönen und den schwierigen Momenten dieser Ausnahmesituation sprach Anette Könneremotional und sehr persönlich. Zu Beginn ihres Vortrags spielte sie das Kinderlied „Wie schön, dass du geboren bist“ ab. „Mein Sohn Jan hat das Lied sehr geliebt. Und es passt auch auf mich: Ich freue mich, dass dieses Kind zu uns gekommen ist.“ Die Oldenburgerin und ihre Familie mussten ihr Leben ganz neu strukturieren.
Selbsthilfegruppen hätten ihr Mut gemacht, aber auch ihr „Jan-Team“ an haupt- und ehrenamtlichen Helfern habe sie immer sehr unterstützt. Ein Ehrenamtlicher des Hospizdienstes Oldenburg habe sie zum Beispiel sechs Jahre lang im Alltag mit Jan begleitet. Könner erwähnteaber auch schwierige Erlebnisse, zum Beispiel, wenn die Krankenkasse bestimmte Hilfeleistungen nicht zahlen wollte, oder wenn Freunde sich abgewendet hätten. „Es liegt dann nicht an euch“, sprach sie die Zuhörenden im PFL direkt an. „Wir haben eine existenzielle Erfahrung gemacht, und das verändert.“
Zuerst habe sie lernen müssen, Hilfe anzunehmen. „Aber heute bin ich sehr dankbar, auch für die Freundschaften, die sich daraus entwickelt haben.“ So habe sie esschließlichgewagt, „trotzdem“ zu leben: „Ich habe in der Zeit der Krankheit meines Sohnes angefangen, Tango zu tanzen. Das hat mir viel Kraft und Freude gegeben. Aber manche Leute konnten das nicht verstehen.“ Im Zusammenleben mit Jan, der 2012 im Alter von zwanzig Jahren starb, habe es viele „trotzdems“ gegeben, doch Könner stellte fest: „Ich empfinde die Zeit mit meinem Kind und auch mit all den lieben Menschen, die uns begleitet haben, als wertvolles Geschenk des Lebens.“
Info: Seit 1994 begleitet die Stiftung Evangelischer Hospizdienst Oldenburg mit dem Ambulanten Hospizdienst Sterbende und deren Angehörige zu Hause, in Altenpflegeheimen und Kliniken und im Hospiz St. Peter. 2006 ist der Ambulante Kinderhospizdienst hinzugekommen, 2012 startete das Angebot einer Online-Trauerbegleitung. Alle Dienste arbeiten jeweils mit haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern.
Antje Wilken
Kontakt: Stiftung Evangelischer Hospizdienst, Ambulanter Hospizdienst und Kinderhospizdienst, Haareneschstraße 62, 26121 Oldenburg, Tel.: 0441 / 770 346 0, www.hospizdienst-oldenburg.de ,Online-Trauerbegleitung für trauernde Jugendliche und junge Erwachsene unter www.da-sein.de.