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Und der Versucher trat herzu und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Er aber antwortete und sprach: Es steht geschrieben: »Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.«
Matthäus 4,3.4

 

Liebe Schwestern und Brüder,
wir müssen nicht in die Wüste gehen, um Versuchungen zu begegnen. Eher im Gegenteil: Die Versuchungen suchen uns im Moment heim. Halten wir uns an die Corona-Regeln, die uns schon so lange begleiten und inzwischen zermürben? Haben wir noch Kraft für ein freundliches Wort? Haben wir Verständnis für Fehler, die passieren? Was ist mit unseren Erwartungen, dass es bald besser wird? Nur noch bis Weihnachten, nur noch bis Ostern – unsere christlichen Feiertage, so habe ich den Eindruck, prägen die Zeitabschnitte der Hoffnung auf eine Lockerung der Beschränkungen.

   

Der Aschermittwoch liegt hinter uns. Und damit hat wieder die Zeit begonnen, in der wir in unseren Gottesdiensten und Andachten den Weg Jesu ans Kreuz besonders bedenken. Die Texte des Sonntags Invokavit leiten diese Zeit ein. Mit dem Aschermittwoch hat die Fastenzeit begonnen. Aber wovon sollten wir fasten? Auf was könnten wir verzichten, was uns in den letzten Monaten im Überfluss geschenkt war – außer der Beschäftigung mit Corona?

   

Jesus ging es nicht anders: Der Versucher nutzt die Notlage Jesu aus. Jemand, der so lange gefastet hat, muss doch Hunger haben: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.“ Mitten in der Wüste, nach etlichen Tagen in Einsamkeit, Hunger und Durst taucht da einer auf. Und Jesus scheint keinen Moment zu zögern. Er sagt nicht, dass das Brot nicht nötig ist. Er tut nicht einmal so, als ob das zweitrangig wäre. Aber: Ohne Gottes Wort und seine gnädige Zuwendung könnten wir keinen Tag existieren. Dass Jesus bei seinem Wüstenfasten drei massive Begegnungen mit dem Teufel hatte, ist kein Zufall. Wer etwas nicht hat, versteht besser, was Versuchungen sind – Jesus kennt das Leid und die Versuchungen der Welt. 

   

Gerade das, was fehlt, begehre ich besonders heftig. Es gibt nicht nur die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt, sondern die Sehnsucht nach Begegnung, Feiern, Essengehen, sich mit Freunden zu treffen, nach Theater und Kino, nach Familienfesten und unbeschwerter Zeit. Es ist die Sehnsucht nach einer Zeit NACH Corona, die durch eine Zeit VOR Corona, meinem damaligen Alltag, genährt wird. Sehnsucht nach einem Alltag, dem ich sonst so gerne entfliehen wollte… 

   

Das Brot ist wichtig – und davon haben wir genug, Gott sei Dank. Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Das merken wir im Moment sehr deutlich. Denn wir leben auch in Beziehungen – nicht nur in digitalen. Jesus sagt das mit den Worten: „von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ Es geht ihm um das lebensspendende Wort Gottes, Gottes „Ja“ zu uns, in der Wüste, in Corona.

   

Jesus hat die Sehnsüchte und Versuchungen nicht kleingeredet, sondern als Teil des Lebens beschrieben. Aber letztlich geht es um die entscheidende Frage von Leben und Tod: Wer ist Herr meines Lebens? Wer ist Herr durch meinen Tod hindurch? Und so dürfen wir auch die vielen Opfer, die die Pandemie gefordert hat, unserem Herrn anvertrauen. Er wird sie gnädig aufnehmen. 

   

Es wird eine Zeit kommen, in der wir auf die Corona-Pandemie als Episode oder auch sogar als Zäsur blicken werden. Die Frage nach dem wirklichen und bei Gott ewigen Leben allerdings wird die gleiche bleiben wie vor, mit und nach Corona. Und die Antwort ist tröstlich: GOTT bleibt der gleiche – gestern, heute und morgen. Möge uns dieser Glaube geschenkt werden, möge uns dieses Vertrauen tragen, durch alle Versuchungen hindurch. Amen.
 

Eine Andacht von Bischof Thomas Adomeit

 

Menschen mit Schutzmasken gegen Corona-Infektion. Foto: epd-Bild/Rolf Zoellner
Menschen mit Schutzmasken gegen Corona-Infektion. Foto: epd-Bild/Rolf Zoellner