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Cloppenburg/Lengerich (epd). Die Wohn- und Arbeitsverhältnisse der Leih- und Werkvertragsarbeiter in der Fleischindustrie hat sich nach Ansicht des Menschenrechtlers und katholischen Pfarrers Peter Kossen nicht verbessert. Arbeitsmigranten würden in den großen Schlachtbetrieben in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen nach wie vor als «Billiglöhner und Drecksarbeiter ausgebeutet und abgezockt», sagte Kossen am Montagabend in Cloppenburg. Stundenlöhne von 5 Euro für 70 Stunden und mehr pro Woche sowie Matratzenmieten zwischen 300 und 400 Euro im verschimmelten Mehrbettzimmer seien keine Seltenheit.
Das gelte nicht nur in der Fleischindustrie, sondern genauso auf dem Bau, in der Logistik und anderen Branchen, sagte Kossen laut Redemanuskript in seinem Vortrag im Pfarrheim St. Andreas. Der im westfälischen Lengerich lebende Priester kämpft seit vielen Jahren für die Rechte von Arbeitsmigranten vor allem in der Fleischindustrie im Nordwesten Deutschlands und hat den Verein «Aktion Würde und Gerechtigkeit» ins Leben gerufen.
Die Behörden kontrollierten die Firmen viel zu selten und seien machtlos. «Die Verlagerung einer Leiharbeitsfirma ins Nachbar-Bundesland bedeutet oft schon das faktische Ende strafrechtlicher Verfolgung», erläuterte der Theologe.  Selbstverpflichtungserklärungen der Fleischindustrie seien wertlos.
Die Firmen rechneten sogar die Hartz- IV-Aufstockung, Kindergeld und Wohngeld von vornherein in ihre Lohnkalkulation mit ein und begingen auf diese Weise auch noch Sozialbetrug. Kriminalisiert würden dafür anstatt der Täter jedoch die Opfer, kritisierte er. Die Fleischindustrie fahre dafür satte Gewinne ein. Viele Vermittler der Arbeitskräfte betreiben laut Kossen zusätzlich Bordelle und zwingen Mädchen und Frauen aus Osteuropa zur Prostitution. Allein in Münster gebe es 400 bulgarische Prostituierte.
Kossen warf den Lokalpolitikern etwa in Visbek, Cloppenburg und Vechta, aber auch der Kirche vor, nicht gegenzusteuern. Auch die Verbraucher trügen Schuld an der Ausbeutung, weil sie billiges Fleisch kauften.
Der Menschenrechtler fordert, die «Sklavenhalter» ins Gefängnis zu bringen und die Arbeiter in Festanstellung zu übernehmen. «Wer immer nur an den Symptomen herumdoktert, wird nie das Übel beseitigen.» Zudem müssten die Verantwortlichen und Profiteure Schadensersatz und Wiedergutmachung leisten. Die Verbraucher sollten die wenigen Unternehmen unterstützen, die ihrer Verantwortung gerecht würden.