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Denn: „Die Wiefelsteder Christian-Vater-Orgel ist eine Stradivari unter den Orgeln“, betont Henk van Eeken, der für den Abbau der Orgel natürlich selbst nach Wiefelstede gekommen ist. Wenn der Niederländer mit seinem holländischen Akzent über die Orgel spricht, merkt man bei ihm die Begeisterung für seinen Beruf.

Zum derzeitigen Zustand fällt das Urteil aber weniger positiv aus: „Die Orgel ist nur noch ein Schatten ihrer selbst“, sagt van Eeken. Das Problem: Die Fehler, die im 20. Jahrhundert bei der Restaurierung gemacht wurden. „Und trotzdem ist ihr Klang auch jetzt toll, vor allem wenn man die Originalregister spielt“, betont der Wiefelsteder Organist Tjark Pinne, der den Ausbau der Orgel durch Henk van Eeken genau mitverfolgt.

„Keine Kopie einer Arp-Schnitger-Orgel

Die Orgel sei den großen Aufwand, der bei der Restaurierung betrieben werde, auf jeden Fall Wert, betont der niederländische Orgelbauer. Christian Vater habe der Orgel ein sehr feines Konzept gegeben. Seine Orgel sei keine Kopie einer Arp-Schnitger-Orgel, sondern eine eigene Variation davon. „Für uns ist es ein Gewinn, diese Restauration machen zu können“, erklärt van Eeken. Denn dabei gewinne er auch Informationen für den Orgelbau. Denn in seiner Werkstatt sei es das Ziel Orgeln zu bauen, die so klingen „wie die alten“. Dafür ist ihm jeder Aufwand recht.

Und der Aufwand ist wirklich groß. Damit der Klang der Orgel wieder perfekt wird, wurden die Orgelpfeifen mit Ultraschall vermessen. Um den echten Christian-Vater-Klang hinzubekommen untersucht van Eeken dabei nicht nur die Orgelpfeifen in Wiefelstede. Er fuhr auch nach Bockhorn, Gifhorn und Amsterdam, um weitere Orgeln von Vater zu untersuchen.

Auch beim Material betreibt er großen Aufwand. Das Orgelmetall wird extra in einer schwedischen Werkstatt hergestellt. Wichtig sei dabei, dass das Material auf Sand ausgekühlt werde, so wie das auch Vater damals gemacht habe, erklärt van Eeken ein wichtiges Detail. Der originale Konstruktionsprozess werde haargenau wiederholt betont van Eeken.  

575 Pfeifen werden rekonstruiert

Nach dem Transport in die Niederlande werden in der Orgelwerkstatt alle Teile weiter genau dokumentiert. Erst dann kann die weitere Arbeit beginnen. 575 der 972 Pfeifen müssen rekonstruiert werden. Der Rest der Orgelpfeifen wird restauriert. Dabei müssen die Orgelbauer sowohl Pfeifen mit einer Länge von vier Metern, als auch 20 Millimetern herstellen. Das aufwendigste dabei ist die Klangrekonstruktion. Damit nach der Restauration wieder der originale Christian-Vater Klang durch die St. Johannes-Kirche klingt.

Um den Klang fertig abzustimmen, wird die Orgel in der Werkstatt von Henk van Eeken schon vollständig wieder aufgebaut. Dann erst kann der Klang fertig abgestimmt werden. Erst danach wird die Orgel wieder in ihre Einzelteile zerlegt und zurück nach Wiefelstede gebracht. Doch bis dahin ist es noch lange hin: Denn der Ausbau der Orgel hat zwar nur drei Tage gedauert, für die Restauration veranschlagt van Eeken aber zwei Jahre.

Für Organist Tjark Pinne eine lange Zeit, in der er nicht an seinem Lieblingsinstrument spielen kann. Wehmütig fällt sein Blick auf der Orgelempore auf das große Loch, wo bis vor kurzem noch die Orgel stand. Dennoch freut Pinne sich, dass mit dem Ausbau der Orgel der nächste Schritt in der Restauration begonnen hat. Schließlich weiß er, dass sie mit einem noch tolleren Klang zurückkehrt.

Diese Vorfreude gemischt mit Wehmut über den zwischenzeitlichen Abschied bestimmte auch die Gefühle der Wiefelsteder, die zur letzten Abendandacht vor dem Ausbau gekommen waren. „Das war richtig gut besucht“, freut sich Pinne über den würdigen Abschied der Christian-Vater-Orgel.

Auch die Restauration wird in Wiefelstede verfolgt. „Wir werden natürlich auch in die Niederlande reisen, um zu sehen, was in der Werkstatt von Henk van Eeken passiert“, betont Pinne. Der junge Organist setzt sich sehr stark für die Restauration ein. Er betreibt unter anderem einen Orgelpodcast (siehe unten), auf dem er über die Restauration berichtet.

Die Kosten für die Restauration sind hoch. Die 500.000 Euro für den ersten Bauabschnitt sind bereits voll finanziert. Für den zweiten Bauabschnitt, der noch ein Mal 100.000 Euro kostet, fehlen allerdings noch 70.000 Euro. Doch Pinne ist zuversichtlich, dass  auch dieses Geld rechtzeitig zusammen kommt. Denn der Orgelförderverein unter Leitung von Dr. Giselher Bechmann, der den Großteil des Geldes für die Restaurierung gesammelt hat, sei sehr engagiert.
 
Orgelpodcast
Über den Verlauf der Restauration können sich Interessierte über den Orgelpodcast (www.orgelpodcast.de) von Organist Tjark Pinne informieren. Neben der Berichterstattung über die Restaurierung finden sich dort auch interessante Beiträge zu anderen Orgeln. Der jüngste Podcast-Eintrag ist in Berlin entstanden. Dort hat sich Tjark Pinne mit dem dortigen Domorganisten Andreas Sieling unterhalten. Sieling stammt gebürtig aus Hahnermoor und hatte 2009 auch ein Benefizkonzert zugunsten der Wiefelsteder Orgelrestaurierung in Wiefelstede gegeben. Pinne hat aus Berlin einen Hörbeitrag mitgebracht, in dem die Unterschiede zwischen der Berliner Sauer-Orgel und der Wiefelsteder Christian-Vater-Orgel herausgearbeitet werden. Die Sauer-Orgel ist eine typische Orgel der Romantik. Sie hat 7269 Pfeifen, 113 Register, vier Manuale und Pedale. Es sei daher eine ganz neue Erfahrung gewesen, auf dieser Orgel zu spielen, berichtet Pinne. „Am Ende des Beitrages wird Andreas Sieling die Berliner Sauer-Orgel spielen.

Mit dem Orgelpodcast will Pinne auch Spender und Spenderinnen informieren, die die Restaurierung der Christian-Vater-Orgel unterstützt haben. Und er wirbt auf der Seite um weitere Unterstützung. Wer spenden will, kann dies auf das Konto des Orgelfördervereins (LzO, BLZ 280 501 00, Konto 153 63 58).

Ein Beitrag von Kerstin Kempermann, Evangelische Zeitung.

Fotos: Kerstin Kempermann/ Evangelische Zeitung