Die Gästebücher sprechen eine deutliche Sprache: Die Menschen genießen die Ruhe, sie fühlen sich geborgen in den dicken Mauern der alten Kirchen und sie nutzen die Stille, um wieder mit sich selber und mit Gott in Kontakt zu kommen. Es finden sich viele Gebete in unseren Gästebüchern, sagt die evangelisch-lutherische Pastorin Sabine Kullik. Gemeinsam mit ihrem früheren katholischen Kollegen Jens Schmidt und einem kleinen Arbeitskreis hat sie vor zehn Jahren den Wangerländischen Pilgerweg ins Leben gerufen. An diesem Freitag, 25. Juli, wird anlässlich des zehnjährigen Bestehens eine Sternwanderung zur Kirche nach Minsen organisiert.
Als vor zehn Jahren die Idee zu diesem Pilgerweg aufkam, sei gleich klar gewesen, dass es ein ökumenisches Vorhaben werden sollte. Im Wangerland sei die Zusammenarbeit zwischen den Konfessionen ohnehin sehr eng, betont Pastorin Kullik. Als es vor einigen Jahren in der katholischen Kirche zum Pfarrerwechsel kam, konnte sie dennoch weiterhin auf Kontinuität setzen.
Der neue katholische Kollege, Pfarrer Lars Bratke, war gleich beeindruckt und setzte die gemeinsame Arbeit, unter anderem rund um den Wangerländischen Pilgerweg gerne fort. So begleitet und leitet er zum Beispiel gerne die Radtouren entlang des Pilgerweges, die während der Sommermonate angeboten werden. Ihm sei es dabei auch wichtig, viel von Land und Leuten zu vermitteln.
Zum Wangerländischen Pilgerweg gehören zwölf alte Kirchen, zumeist sind es im 13. oder 14. Jahrhundert erbaute Gotteshäuser, die vielfach auf einer Warf stehen und weiterhin zwei neuzeitliche Kirchen. Kartenmaterial und ein Pilgerausweis zeigen den Weg.
Der Pilgerweg ist nach wie vor sehr beliebt und wird viel besucht, berichtet Pastorin Kullik. Viele seien mit dem Fahrrad von Kirche zu Kirche unterwegs und sammelten die Stempel. Das Gefühl: `Ich habe das geschafft´ ist für viele Menschen durchaus wichtig, hat Pfarrer Bratke beobachtet. Sicher gebe es auch kulturhistorisch interessierte Menschen, die die Kirchen besuchten, auf dem Pilgerweg begegneten sie aber in erster Linie Menschen, die eine religiöse Erfahrung suchten, berichteten die beiden Pastoren.
Viele Lieder, die wir in der Kirche singen oder Psalmen, die gebetet werden, bekommen eine ganz neue Bedeutung, wenn man mit offenen Augen diesem Pilgerweg folgt, weiß Pastorin Kullik und nennt als Beispiel das Lied Eine feste Burg ist unser Gott. Wer in einer dieser alten Kirchen stehe, wisse sofort etwas mit diesem Text anzufangen. Es gehe dabei vor allem um ein Erlebnis auf emotionaler Ebene.
Sie selber lässt sich immer wieder neu von der Vielfalt der Kirchen beeindrucken. Welche ihr die liebste ist, kann sie gar nicht sagen. Pfarrer Bratke bevorzugt eine ganz winzige Dorfkirche in St. Joost. In dieser urmelalten Kirche spüre ich das Ankommen in einer anderen Zeit und fühle mich hier sehr geborgen, sagt er.
Warum viele Menschen dem Pilgerweg gerne folgen? Pilgern ist das eigentliche, um das es im ganzen Leben geht, Leben heißt unterwegs sein, jeden Tag älter werden, Neues erfahren. Pilgern ist also eine Urerfahrung, das spüren die Menschen, ist sich Lars Bratke sicher.
Zum zehnjährigen Bestehen des Wangerländischen Pilgerweges laden Pastorin Sabine Kullik und Pastor Lars Bratke neben den regelmäßigen Veranstaltungen der ökumenischen Sommerkirche zur Sternwanderung am Jakobustag, 25. Juli, ein. Ziel ist die St. Severinus- und Jacobuskirche in Minsen. Los geht es zu Fuß um 15.30 Uhr in Schillig (St. Marien) und per Fahrrad ab 16 Uhr in Hooksiel (Walter-Spitta-Haus), in Jever (Gemeindehaus am Kirchplatz), in Tettens (Pastorei) und in Waddewarden (Kirche) außerdem um 16.30 Uhr, ebenfalls per Rad ab Hohenkirchen (Stephanushaus) und ab Wiarden Pastorei. Um 17 Uhr soll in Minsen eine Begegnung bei einem Imbiss stattfinden, es folgt um 19 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst.
Ein Beitrag von Annette Kellin.