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Hannover (epd). Das Armutsrisiko in Niedersachsen ist nach Angaben des statistischen Landesamtes in Hannover erstmals seit drei Jahren gesunken. Die sogenannte Armutsgefährdungsquote lag im vergangenen Jahr bei 15,3 Prozent und damit einen halben Prozentpunkt niedriger als im Vorjahr, teilte das Landesamt am Donnerstag mit. Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) begrüßte die Entwicklung. Die Landesarmutskonferenz und der Sozialverband Deutschland warnten dagegen vor einer weiteren Spaltung der Gesellschaft in Arme und Reiche.

Trotz der guten Zahlen gelten laut Statistik immer noch 1,179 Millionen Niedersachsen als armutsgefährdet. Bundesweit lag die Quote bei 15,4 Prozent. Einer Definition der Europäischen Union zufolge gelten Menschen als armutsgefährdet, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung auskommen müssen. Für Niedersachsen lag die Grenze 2014 für einen Einpersonenhaushalt bei 907 Euro, für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahre bei 1.905 Euro.

Besonders hohe Armutsrisiken trugen den Angaben zufolge die Erwerbslosen mit 57 Prozent. Ihre Gefährdungsquote stieg um 0,2 Prozentpunkte. Bei Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit erhöhte sich die Quote von 36 auf 36,6 Prozent. Das Risiko zu verarmen stieg auch bei den Geringqualifizierten über 25 Jahren um 0,4 Punkte auf 31,9 Prozent. Rückgänge verzeichneten die Statistiker dagegen für Kinder und Jugendliche, für Alleinerziehende und für große Familien. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sank die Quote um 0,9 Punkte auf 19 Prozent.

Ministerin Rundt sagte, die Zahlen zeigten, dass Niedersachsen auf einem guten Weg sei. Es bleibe jedoch bedrückend, dass nach wie vor 19 Prozent aller Kinder armutsgefährdet seien: «Jedes Kind, das in Armut lebt und dadurch in seinen Chancen behindert wird, ist ein Kind zu viel.» Rundt kritisierte das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes als ungeeignet, Kinder- und Jugendarmut wirklich zu bekämpfen. Sie forderte, die Kinderregelsätze zu erhöhen. Ideal sei ein eigener Anspruch auf Grundsicherung der Kinder unabhängig vom Einkommen der Eltern.

Der Sozialverband Deutschland unterstrich, dass vor allem Frauen über 65 Jahren von Armut betroffen seien. Ihre Gefährdungsquote sei seit 2010 um 3,9 Prozentpunkte gestiegen. Viele Frauen erhielten nur eine kleine Rente, weil ihnen Beitragsjahre fehlten und sie in oft nur in Teilzeit- oder Minijobs arbeiteten.

Die Landesarmutskonferenz warnte davor, sozial benachteiligte Gruppen gegeneinander auszuspielen und den Konflikt auf dem Rücken der Schwächsten, der Flüchtlinge, auszutragen. Armut müsse sowohl in Niedersachsen als auch jenseits der deutschen Grenzen bekämpft werden, sagte der Sprecher der Konferenz, Martin Fischer, von der Diakonie in Niedersachsen.