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Im Rahmen einer Buchvorstellung stellte der Oldenburger Historiker Dr. Helmut Schirmer sein neues Werk vor, das sich mit einer ganz bestimmten Phase in der Geschichte des Religionsunterrichtes beschäftigt. In den Aufbruchjahren der Zeit um 1848 war in Oldenburg der General-Superintendent Ernst Gottfried Adolf Böckel tätig, der im regionalen Schulwesen einige Aufregung verursachte. Seinen Spuren ist der Autor gefolgt.

 

Zwischen 1836 und 1852 wirkte Böckel und versuchte, in allen Schulen vernunftorientiertes, aufklärerisches Gedankengut zu verankern und überkommene, dogmatische Lehr- und Lernweisen zu überwinden. Viel Erfolg hat Böckel nach den Forschungsergebnissen von Schirmer jedoch nicht gehabt, denn er wurde nach 16 Jahren abgelöst und sein Amt des „Generals“ wurde aufgelöst. Zuvor war er, zugleich Hof-Prediger, in der oldenburgischen Kirche und Gesellschaft ein mächtiger, ja gefürchteter Mann gewesen.

Der 1783 geborene Böckel hatte bei Immanuel Kant in Königsberg studiert und war Professor für Theologie in Greifswald, bevor er seine Stelle in Oldenburg antrat. Er darf als klassischer „Vernunft-Theologe“ einer praktisch umgesetzten Aufklärung betrachtet werden und begründete etwa das evangelische Kirchen- und Schulblatt als Herausgeber. Sogar einen überkonfessionell angelegten Religionsunterricht in den Volks- und Elementarschulen sah Böcker als ein denkbares Modell an. Durchgesetzt sollte sich freilich, im Überblick betrachtet, ein deutlich konservativeres Verständnis von Religionsunterricht.

Für seine Zeit war Böcker damit, wie sein Biograph Helmut Schirmer heraus stellte, durchaus eine Art Revolutionär, allerdings zum Scheitern verurteilt. Wenn er höchstpersönlich auch in den kleinsten Landschulen auftauchte, um zu „visitieren“, verbreitete er Angst und Schrecken bei Schülern und Lehrern, denen rationalistisches Gedankengut vollkommen fremd war.

Zahlreiche gedruckte und ungedruckte Quellen hat der Autor Helmut Schirmer ausgewertet. Durch seine ehemalige Tätigkeit an der Schnittstelle zwischen Kirche, Schule und Hochschule und orientiert sowohl an der Theorie als auch an der Praxis der pädagogischen Ausbildung des theologischen Nachwuchses darf Schirmer als prädestiniert für ein solches Thema angesehen werden.

Sein Buch wurde von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg sowie von der Oldenburgischen Landschaft mit Druckkostenzuschüssen gefördert und ist im Isensee-Verlag erschienen. Es vermittelt, so berichtete Pfarrer Dr. Urs-Ullrich Muther seitens der Kirche, „regionale Schulgeschichte unter kirchlichen Aspekten“. Auch Sarah-Christin Siebert als Vertreterin der Landschaft attestierte dem Werk, als Baustein seriöser Regionalgeschichte besonders förderungswürdig zu sein. Der Verleger Florian Isensee freute sich darüber, dass der Band in der bereits seit langer Zeit erscheinenden Reihe der Oldenburger Studien erscheinen konnte.

Helmut Schirmer: „In der Schule sind die Kinder im Nachdenken zu üben“. Spuren der Aufklärung im Religionsunterricht an Oldenburger Volksschulen. Isensee-Verlag Oldenburg 2015, 164 Seiten, ISBN: 978-3-7308-1204-4, 14,90 Euro, im Handel erhältlich.

Ein Beitrag von Kurt Dröge.

Buchvorstellung im Oberkirchenrat in Oldenburg (von re. nach li.): der Oldenburger Historiker Dr. Helmut Schirmer, Pfarrer Dr. Urs-Ullrich Muther, Sarah-Christin Siebert und Verleger Florian Isensee. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Buchvorstellung im Oberkirchenrat in Oldenburg (von re. nach li.): der Oldenburger Historiker Dr. Helmut Schirmer, Pfarrer Dr. Urs-Ullrich Muther, Sarah-Christin Siebert und Verleger Florian Isensee. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch