Oldenburg (epd). Der Sozial-Experte Friedrich Stubbe hat eine Pflegevollversicherung gefordert, die ähnlich einer Krankenkasse sämtliche Kosten der Pflege abdeckt. «Die von der Politik gefeierte Reform ist eine Nullnummer und verfehlt völlig ihre Wirkung, denn die Zuschläge werden von den explodierenden Preisen regelrecht aufgefressen», sagte der Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK Niedersachsen-Bremen am Dienstag in Oldenburg. Immer mehr Menschen seien auf staatliche Unterstützung angewiesen, weil die Heimgebühren das Durchschnittseinkommen im Alter deutlich übersteigen. Die Pflege werde so zum Armutsrisiko.
Pflegebedürftige in Niedersachsen müssten im Mittel 1.847 Euro für die Betreuung in einem Pflegeheim aufbringen, in Bremen seien es 2.154 Euro. Der reine Pflegeanteil - derzeit 704 Euro in Niedersachsen und 788 Euro in Bremen - sollte mit dem neuen Bundeszuschuss je nach Pflegedauer günstiger werden: Im ersten Jahr, um fünf Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent und ab dem vierten Jahr sogar um 70 Prozent. Doch sei dies nur eine «Schönrechnerei», kritisierte Stubbe.
Denn im vergangenen Jahr seien die Heimkosten in Niedersachsen erneut um 80 Euro, in der Hansestadt sogar um 128 Euro gestiegen. Ein Zuschuss von fünf Prozent bringt in Niedersachsen gerade einmal 35 Euro und knapp 40 Euro in Bremen. Erst ab dem dritten Heimjahr könnten Pflegebedürftige nach heutigem Stand allmählich profitieren. «Doch dann ist der überwiegende Teil von ihnen bereits verstorben», erläuterte Stubbe.
Außerdem werde der Zuschuss nur in der stationären Pflege gewährt. Senioren-WGs würden meist über einen ambulanten Pflegedienst betreut. Darum seien sie von der Reform ausgeschlossen. «Diese Ungleichbehandlung ist unerhört, die Bewohner fühlen sich zu recht betrogen und im Stich gelassen», unterstrich Stubbe.