Hannover (epd). Zum Ende seiner Zeit als Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz Niedersachsen hat Klaus-Dieter Gleitze vor einer weiteren Beschädigung der Demokratie durch Armut gewarnt. «Ich halte Armut für den stärksten Treiber für den Rechtsruck in unserer Gesellschaft», sagte Gleitze dem Evangelischen Pressedienst (epd). In sozialen Brennpunkten erhalte die AfD regelmäßig die größte Zustimmung. Zudem werde die Mitte der Gesellschaft kleiner. «Die Menschen sind von Abstiegsängsten bedroht.»
Gleitze engagiert sich seit zwanzig Jahren für die Landesarmutskonferenz. Nach sieben Jahren als Geschäftsführer ist er im Juni in den Ruhestand gegangen. Rückblickend konstatiert er eine eine «drastische» Zunahme der Armut seit Mitte der 90er Jahre. Damals habe die Armutsquote bei ungefähr 11 Prozent gelegen, heute liege sie in Niedersachsen bei rund 17 Prozent.
Zugleich habe der Reichtum massiv zugenommen, kritisierte Gleitze. «Die Vermögen der Superreichen sind in den letzten Jahren regelrecht explodiert.» So gebe es mittlerweile 1,8 Millionen Vermögensmillionäre in Deutschland. «Ich verstehe nicht, warum die Politik da nicht rangeht. Dass wir eine Vermögensabgabe brauchen, liegt doch auf der Hand.»
Dringend müssten zudem prekäre Jobs im Niedriglohnsektor reguliert und der Mindestlohn erhöht werden, forderte Gleitze. Wer 45 Jahre für einen Stundenlohn in Höhe des derzeitigen Mindestlohns (13 Euro) arbeite, liege als Rentner knapp oberhalb der Grundsicherung. Auch die Regelsätze für Bürgergeld und Grundsicherung müssten um mindestens 200 Euro angehoben werden.
Mehr Geld allein könne das Armutsproblem jedoch nicht lösen, betonte Gleitze. «Wir müssen unbedingt die Betroffenen am Prozess der Armutsbekämpfung beteiligen, denn sie sind die Experten ihres eigenen Lebens.»