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Hannover/Stade (epd). Texte von Dietrich Bonhoeffer gehen gerade wie geschnitten Brot. Auch der biblische Psalm 23 «Und ob ich schon wanderte im finstern Tal» bleibt nicht lange hängen, genauso wie die verträumten «Märzküsse» des Dichters und Schriftstellers James Krüss.

 

Mit ihren «Guten Worten to go» haben die Pastorinnen Johanna Wutkewicz und Dorlies Schulze an der evangelischen St.-Cosmae-Kirche in Stade bei Hamburg in Corona-Zeiten ganz offensichtlich einen Nerv getroffen, gerade jetzt vor Ostern. «Es geht um Zuversicht zum Mitnehmen», beschreibt Wutkewicz die Idee der Aktion.

 

Vor den notgedrungen geschlossenen Türen der historischen Cosmae-Kirche haben die beiden Pastorinnen Leinen aufgespannt, an denen sie mit Wäscheklammern kleine Zettel mit «guten Worten» heften. «Eine Stärkung auf den Weg», sagt Wutkewicz. Auf der Rückseite der Zettel stehen die Telefonnummern der Innenstadtpastoren mit dem Angebot: «Wenn Sie mit jemandem reden möchten, können Sie sich gerne an uns wenden.»

 

Fortlaufende Ausgangsbeschränkungen, Menschen in Existenzängsten: In der Corona-Krise sind Hoffnungsbilder wie die des biblischen Psalms dringend nötig, davon ist die hannoversche Theologin Margot Käßmann überzeugt. Das Osterfest könne den Menschen Schub an Mut, Hoffnung und Lebensfreude geben, sagt die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und betont: «Ostern steht für Zuversicht.» Das vermittelt auch die Fastenkampagne der EKD, die ebenfalls unter dem Stichwort «Zuversicht» bis Ostern läuft.

 

Die Osterbotschaft der Bibel mit der Auferstehung Jesu erzähle, dass das Leben stärker sei als der Tod und die Liebe die Kraft sei, die auch die dunkelste Zeit überwinde, verdeutlicht die Theologin. Sie hört und liest gerade aus vielen Gesprächen am Telefon und etlichen E-Mails und WhatsApp-Nachrichten eine Sehnsucht nach Zuversicht. «Wir brauchen jetzt dringend Hoffnungsbilder», meint Käßmann und denkt in diesem Zusammenhang besonders an die Ostergeschichte.

 

Aber wie vermitteln, wenn Gotteshäuser zu Ostern wegen der Epidemie geschlossen bleiben müssen? Evangelische und katholische Kirche setzen auf Radio- und Fernsehgottesdienste und haben speziell am Ostersonntag für 12 Uhr ein bundesweit gleichzeitiges Glockenläuten verabredet. Gemeinschaftsgefühl stiften wollen auch Kirchenmusiker mit einem Flashmob unter dem Titel «Ostern vom Balkon»: Am Sonntag ab 10.15 Uhr sollen in ganz Deutschland möglichst viele Menschen das traditionelle Osterlied «Christ ist erstanden» spielen oder singen.

 

«Die Osterbotschaft soll weithin zu hören sein», erklärt Mitinitiatorin Marianne Gorka, hannoversche Landespastorin für die Bläserarbeit. Käßmann meint, das seien kreative Beispiele neuer Formen der sozialen Nähe ohne körperlichen Kontakt. Sie wünscht sich, dass viele Menschen durch Ideen wie diese zu Ostern spüren: «Es wird eine Zeit nach dieser Krise geben».

 

Doch Auferstehungsgeschichten, so nennt sie Käßmann, gibt es in diesen Tagen schon viele: Menschen beispielsweise, die für andere einkaufen gehen, die freiwillig in Altenheimen Dienst tun. Oder - wie in Osterholz-Scharmbeck bei Bremen - Ehrenamtliche, die in kürzester Zeit einen «Tafel-Lieferdienst» aufgezogen haben, um arme Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen. «Zusammenhalt, Gemeinschaft und Solidarität funktionieren eben auch in einem Sicherheitsabstand von zwei Metern», freut sich Norbert Mathy, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes in der Kreisstadt, über das Engagement.

 

Käßmann sieht in Beispielen wie diesen Ostergeschichten, «von Menschen, die aufstehen gegen Einsamkeit, Angst und Krankheit». Sie hat erfahren: «Wir brauchen das Gefühl, ich bin nicht allein in dieser Krise, da gibt es eine Gemeinschaft, die will das zusammen wuppen.»

 

Vereinzelt gibt es in Deutschland noch Kirchen, die in Absprache mit den Behörden dieser Sehnsucht eine kurze Zeit am Tag Raum geben und öffnen - unter Einhaltung aller Abstandsregeln. So wie der evangelische St.-Petri-Dom in Bremen. Unter dem Dach der großen mehrschiffigen Basilika verlieren sich montags bis samstags zwischen 12 und 14 Uhr jeweils ein paar Dutzend Menschen, die unter anderem beten oder eine Kerze anzünden. Offensichtlich nicht nur für Dompastor Henner Flügger ist klar: «Das ist ein Raum, der Kraft gibt.»