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Hannover (epd). Rund 900 Menschen haben am Freitagabend in Hannover an das Ende des Zweiten Weltkriegs und des Nationalsozialismus vor 75 Jahren erinnert. Mit Mundschutzmasken und unter Einhaltung der Abstandsregeln protestierten sie auf dem Opernplatz zugleich scharf gegen die AfD, die am Tag des Kriegsendes (8. Mai) auf diesem Platz ursprünglich eine Kundgebung gegen die Corona-Einschränkungen abhalten wollte, diese aber kurzfristig absagte. Der Opernplatz liegt direkt neben dem hannoverschen Holocaust-Mahnmal. Zu der Demonstration hatte das Bündnis "bunt statt braun" aufgerufen, zu dem Parteien, Gewerkschaften und Kirchen gehören. Laut Polizei verlief die Veranstaltung ohne Zwischenfälle.

 

Die AfD spiele mit den Ängsten der Menschen in der Corona-Krise, sagte Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) unter dem Applaus der Zuhörer. Es sei "perfide", dass die rechtspopulistische Partei ihre Veranstaltung ausgerechnet für den 8. Mai geplant habe. "Gegen Rassismus gibt es keine Immunität", betonte Onay. "Es gilt, immer wieder neu dafür einzustehen."

 

Der evangelische Stadtsuperintendent Thomas Höflich warnte davor, die Opfer des Nationalsozialismus in der Erinnerung ein zweites Mal auszugrenzen. "Es soll wieder unterschieden werden zwischen Wir und Die", sagte er mit Blick auf nationalistische und rechtspopulistische Bewegungen. "Das geht nicht, und erst recht nicht am 8. Mai."

 

Ingrid Wettberg von der liberalen jüdischen Gemeinde sprach sich dafür aus, den 8. Mai zum staatlichen Feiertag in Deutschland zu machen. Zugleich wandte sie sich gegen antisemitische Verschwörungstheorien in der Corona-Krise, an denen sich auch die AfD beteilige. "Die Gaulands und Höckes versuchen, die gesellschaftliche Spaltung zu vertiefen, und dazu ist ihnen jedes Mittel recht", mahnte Wettberg: "Bleiben Sie zusammen, machen Sie dieses Spiel nicht mit!"

 

Die Kundgebung war ursprünglich als Gegendemonstration gegen die geplante AfD-Kundgebung gedacht. Die Region Hannover hatte die AfD-Versammlung, zu der rund 200 Teilnehmer angemeldet waren, am Donnerstag aus Gründen des Infektionsschutzes verboten. Dagegen reichte die AfD einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht ein. Weil das Gericht bis zum Freitagmittag noch nicht entschieden hatte, sagte die Partei die Demonstration schließlich von sich aus ab.

 

Am Nachmittag entschieden die Richter, dass die AfD doch hätte demonstrieren können. Vermutungen rechtfertigten kein Verbot, hieß es. Die Region Hannover hätte Beschränkungen wie das Tragen von Schutzmasken, bestimmte Abstandsregelungen oder eine Begrenzung der Teilnehmerzahl anordnen können (Az.: 15 B 2590/20).