Die Zahl der Pflegebedürftigen ist auch in Niedersachsen stark gewachsen. Eine Auswertung der Zahlen für das Bundesland aus dem Barmer Pflegereport kommt auf einen Anstieg von fast 73 Prozent innerhalb von sechs Jahren.
Oldenburg/Hannover (epd). In Niedersachsen steigt die Zahl der Pflegebedürftigen. Gleichzeitig gehen auch die Kosten für pflegebedürftige Personen in die Höhe, wie eine Auswertung der Landeszahlen aus dem Pflegereport 2024 der Krankenkasse Barmer ergibt, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Demnach wuchs im Zeitraum von 2017 bis 2023 die Zahl der Pflegebedürftigen im Bundesland um fast 73 Prozent auf mehr als 612.000 Menschen. Zuerst hatte die Oldenburger «Nordwest-Zeitung» (Sonnabend) über die niedersächsischen Zahlen berichtet.
«Unsere Prognosen zeigen, dass bis zum Jahr 2050 die Zahl der Pflegebedürftigen auf etwa 813.000 steigen wird», sagte Heike Sander, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Niedersachsen. Zur Versorgung dieser Menschen würden voraussichtlich rund 26.000 zusätzliche Pflegefachkräfte benötigt.
Der Pflegereport wurde von den Bremer Pflegewissenschaftlern Heinz Rothgang und Rolf Müller erarbeitet und im November mit bundesweiten Zahlen veröffentlicht. Die Wissenschaftler hatten auf der Datenbasis der Barmer-Versicherten errechnet, dass kürzlich Verstorbene im Durchschnitt 50.000 Euro aus der Pflegeversicherung erhalten haben. Für die aktuell Pflegebedürftigen müssen die Pflegekassen hingegen durchschnittlich mindestens 76.000 Euro ausgeben. Mit Leistungen von 7,9 Milliarden Euro hat die Barmer nach eigenen Angaben die höchsten Pflegeausgaben.
Ende 2023 waren den Angaben zufolge in Deutschland knapp 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig. 2021 waren es noch etwa 5 Millionen. Den starken Anstieg führt das Statistische Bundesamt unter anderem auf die Folgen der Reform von 2017 zurück. «Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017 hat mehr Menschen den Zugang zu Pflegeleistungen ermöglicht», sagte Sander.
Gleichzeitig seien die Gehälter der Pflegekräfte gestiegen sowie die Personalschlüssel in der stationären Pflege verbessert worden. Dies hat zu dem erheblichen Anstieg der Eigenbeteiligung für eine Betreuung in einem Pflegeheim beigetragen, wie Sander erläuterte. In Niedersachsen sei diese zwischen den Jahren 2018 und 2024 um rund 71 Prozent gestiegen. Im Jahr 2024 lag sie dort laut Barmer bei durchschnittlich 2.452 Euro.
Laut dem Report nutzen immer mehr Pflegebedürftige in Niedersachsen Pflegegeld, um Zuhause versorgt zu werden. Zwischen 2017 und 2023 hat sich die Zahl der Pflegegeld-Empfänger auf 316.600 Personen verdoppelt. Besonders stark war der Anstieg bei Pflegegrad 2. Immer weniger Niedersächsinnen und Niedersachsen mit Pflegegrad 2 sind dagegen in der vollstationären Dauerpflege. Gleichzeitig stieg in die Zahl der Menschen mit Pflegegrad 3 in den Einrichtungen.
Der Wechsel ins Pflegeheim erfolge erst dann, wenn der Pflegebedarf komplexer werde, sagte Sander. «Diese Entwicklung müssen wir auch vor dem Hintergrund gestiegener Pflegekosten betrachten.» Sander forderte im Gespräch mit der Zeitung eine durchgreifende Pflegereform. Vor allem dürften den Pflegekassen nicht weiter die Ausbildungskosten in der Pflege aufgebürdet werden.