32 Religionslehrkräfte aus ganz Niedersachsen haben am Freitag, 10. November, in der Willehad-Kirche in Rastede/Wahnbek bei Oldenburg ihre Vokationsurkunden erhalten. Im Gottesdienst wurden sie für ihren Dienst gesegnet und zur Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts beauftragt. Außerdem erhielten drei Lehrkräfte, die Ihre Qualifikation zur Schulseelsorge abgeschlossen haben, die kirchliche Beauftragung für diesen Dienst. Der Gottesdienst wurde geleitet von Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker, Dezernent für Bildung und Diakonie der oldenburgischen Kirche, und Pfarrer Fritz Pinne, Leiter der Arbeitsstelle für Religionspädagogik (arp) der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.
Die Gesellschaft verändere sich, teilweise sogar dramatisch. Dies betreffe nicht nur den Stellenwert von Glauben, Kirche und Religion, sondern auch den Zusammenhalt in der Gesellschaft, das Verhältnis zur Demokratie, die Rolle der Medien und den Umgang mit ihnen, betonte Oberkirchenrat Mucks-Büker in seiner Predigt. „Unsere Sprache wird roher und schonungsloser. 85 Jahre nach der Reichspogromnacht wird Unsagbares wieder schamlos ausgesprochen. Lange verdeckter Rassismus und Antisemitismus treten offen und gewalttätig zutage. Rechtsextremismus macht sich wieder breit“. Die wachsende Verunsicherung angesichts von Klimawandel, Corona-Pandemie und der Kriege in der Ukraine und Nahost sei mit Händen zu greifen. „Wie werden wir miteinander leben in einer immer heterogeneren Gesellschaft mit vielen Herkünften, Hautfarben, Religionen, Sprachen und Kulturen? Und was denken, fühlen Kinder und Jugendliche dabei?“, fragte Mucks-Büker.
Um ihren Weg durch das Leben zu finden, bräuchten junge Menschen Begleitung, „jemanden, dem sie überhaupt erst einmal vertrauen können. Um dann auch zu fragen.“ Religionslehrkräfte begleiteten Kinder und Jugendliche während einer entscheidenden Phase ihres Lebens. Schülerinnen und Schüler lernten sie als Wegbegleiter kennen, als Vorbilder und als Gegenüber. Dabei komme der Vermittlung von Empathie, Verantwortungsgefühl, Ichstärke, Nachsicht und Solidarität eine große Bedeutung zu. Es gehe nicht nur um Zahlen, Daten, Fakten. „Das emotionale und soziale Lernen ist mindestens ebenso wichtig. Und dann noch Religion: Religion ist Herzensbildung.“ So könnten Religionslehrkräfte als Person und Persönlichkeit Orientierung geben. „Dieser Anspruch unterscheidet Sie als Religionslehrerin und Religionslehrer im Fach Evangelische Religion, Sie sind mehr als Religionskundelehrkräfte.“
Religionsunterricht biete Raum für rituelle Praxis, für Singen, für Gebet und spirituelle Übung. So gefundene Antworten könnten durchaus prägend sein für ein Leben, könnten trösten und vergewissern. Es gehe darum, Gottes Wort zu anderen Menschen zu bringen, es in ihre Alltagssprache zu übersetzen und verständlich zu machen. „Verständlich und ausdrucksfähig auch für Kinder und Jugendliche aller Schulformen“, so Mucks-Büker.
Vokation
Im Anschluss an den Gottesdienst überreichten Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker und Pfarrer Fritz Pinne den Lehrerinnen und Lehrern ihre Vokationsurkunden. Die Vokation ist Voraussetzung, um evangelischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen zu erteilen. Diese Bestätigung wird von der Konföderation evangelischer Kirche in Niedersachsen ausgesprochen. Mit der Vokation verpflichten sich die evangelischen Kirchen in Niedersachsen, den Dienst der Religionslehrkräfte zu begleiten und unterstützen diese kontinuierlich durch Fortbildungs- und Beratungsangebote.
Vokationstagung zum Thema „Sterben, Tod und Auferstehung“
Im Vorfeld hatten die Religionslehrkräfte aus dem Einzugsgebiet der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen an einer dreitägigen Vokationstagung zum Thema „Sterben, Tod und Auferstehung“ im Ev. Bildungshaus in Rastede teilgenommen. In den zahlreichen Arbeitseinheiten wurden Grundinformationen und zahlreiche praktische Hilfestellungen für diese wichtige Thematik gegeben. Die Tagung wurde von Pfarrer Fritz Pinne geleitet. Als Referentinnen waren dabei: Julia Villbrandt-Firneisen, Lehrkraft an den Berufsbildenden Schulen des Landkreises Wesermarsch, für den Bereich Oberstufe und Berufsschule, Manuela Ehrt, Lehrkraft an der OBS Bookholzberg, für den Bereich Sekundarstufe 1, Vanessa Specht, Lehrkraft an der Grundschule Brinkum, für den Bereich Grundschule sowie Nina Kessler und Henrike Freels von der Medienstelle der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.
Ein Abend wurde von dem Musiker Steffen Schöps musikalisch-kreativ mit einem Trommelworkshop gestaltet. An einem weiteren Abend war Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker in der Runde zu Gast und stellte sich den Fragen der jungen Lehrkräfte. Dabei wurde deutlich, welche Herausforderung die zunehmende Vielfalt der Lerngruppen bietet, die eine immer differenziertere Beschulung erfordert. Auch der in Niedersachsen geplante Christliche Religionsunterricht (CRU) war ein wichtiges Thema und wurde besonders im Vergleich mit dem Hamburger Modell des Religionsunterrichts diskutiert.
Der Gottesdienst in der Willehad-Kirche in Rastede/Wahnbek wurde dann von Landeskirchenmusikdirektorin Beate Besser musikalisch begleitet und bot einen feierlichen Abschluss dieser intensiven Tage.
Zu den 32 Religionslehrkräften aus ganz Niedersachsen gehörten Lehrkräfte aus allen Schulformen: Förderschulen, Grundschulen, Oberschulen, Gymnasien und Berufsbildende Schulen.
„Gemeinsame Sache“
Der Religionsunterricht ist in Deutschland „gemeinsame Sache“ (res mixta) von Staat und Kirche und die Vokation ein Baustein, mit dem die evangelischen Kirchen in Niedersachsen ihre Verantwortung für den Religionsunterricht wahrnehmen. Referendarinnen und Referendare erhalten für den Vorbereitungsdienst zunächst eine befristete Unterrichtsbestätigung. Um eine Vokation zu erhalten, brauchen Lehrkräfte ein zweites Staatsexamen, die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und sie müssen eine Vokationstagung besuchen. Die Tagungen sind als religionspädagogische Fortbildungen konzipiert und enden mit einem Gottesdienst mit Verleihung der Vokationsurkunden.
Die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg bietet zwei- bis dreimal im Jahr eine Vokationstagung für je rund 30 Religionskräfte aus ganz Niedersachsen an. Entwickelt und durchgeführt wird sie von Referentinnen und Referenten der Arbeitsstelle für Religionspädagogik (arp). Weitere Vokationstagungen in Niedersachsen werden von den anderen Kirchen der Konföderation angeboten. Die Nachfrage ist sehr hoch. Es gibt stets Wartelisten.