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Nicht zuletzt den aktuellen Ereignissen in Ägypten war es geschuldet, dass das Interesse an dem Vortrag des Journalisten und Theologen Burkhard Weitz sehr groß war. Islam und Christentum standen im Mittelpunkt der Betrachtungen unter der Frage: Stiften Koran und Bibel zu Gewalttaten an? Burkhard Weitz sprach im überfüllten Friedrichsfehner Gemeindehaus auf Einladung des Kirchenkreises Ammerland, des Freiheitsraums Reformation und des Evangelischen Bildungswerkes Ammerland.

Die ersten tausend Jahre hätten es die Christen geschafft, weitgehend ohne religiös motivierte Gewalt auszukommen. In Kreuzzügen, bei der Verfolgung Andersgläubiger und den Hexenverbrennungen und in den Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts seien dann aber hunderttausende Menschen „im Namen des christlichen Glaubens“ getötet. Erst nach diesen Erfahrungen und im Zuge der Aufklärung sei es gelungen, die religiösen Führer zu entwaffnen und die Befehlsgewalt über Militär und Polizei den konfessionell eher unparteiischen Staaten zu übertragen.

Von „islamistischer Gewalt“ werde seit Anfang der 1980er gesprochen. Zu dieser Zeit hätte sich die mediale Wahrnehmung mit der schiitischen Revolution im Iran 1979 gewandelt. Von da an gäbe es die aktuelle Sensibilisierung für religiös motivierte Gewalt. Heute sei es mit Sicherheit so, dass Politik und Wirtschaft sich gerne den Deckmantel „Religion“ umhängen, um ihre brutalen Interessensdurchsetzungen zu kaschieren.

Nachdenklich wurden die Zuhörer, als Burkard Weitz eine neue Untersuchung der Psychologin Beate Küpper vorstellte. Je religiöser sich Menschen selbst einschätzen, desto häufiger und ausgeprägter sind ihre Vorurteile Anderen gegenüber, Frauen, Homosexuellen, Schwarzen und Arbeitslosen. Er sei sicher, dass diese Untersuchung die Kirchen aufrütteln müsse.

Der in Oldenburg und Bethlehem aufgewachsene Referent schloss seinen Vortrag nicht, ohne Wege zur Überwindung religiös motivierter Gewalt zu benennen. Wo endet die eigene Toleranz bei den Bedingungen für die Beschneidung von Jungen, der Schächtung von Tieren oder dem Bau von Gotteshäusern? Sich die Grenzen der eigenen Toleranz bewusst zu machen, sei der erste Schritt des Respekts vor dem Anderssein, Andersglauben und Andersdenken. Der zweite Schritt sei – das habe eine Studie der Bertelsmannstiftung vom April 2013 gezeigt – die Begegnung mit anderen Religionen. Je mehr persönlicher Kontakt bestehe, umso toleranter und gesprächsbereiter seien die Menschen. Dafür Räume zu schaffen, sei Aufgabe der Kirchen, zum Beispiel im konfessionsübergreifenden Religionsunterricht.

Die Reihe „Reformation und Toleranz“ wird am 25. September um 20 Uhr im Gemeindehaus am Denkmalsplatz in Rastede fortgesetzt. Thema: „Null Toleranz! – Vom Umgang mit offensichtlichem und unterschwelligem Rechtsradikalismus.“
Peter Tobiassen