In einem Gottesdienst unter dem Motto über dir Flügel gebreitet! Ein Gottesdienst aus der Vogelperspektive hat der Bischof der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Jan Janssen, dazu aufgerufen, die Artenvielfalt wahrzunehmen und das Miteinander der Verschiedenen als Reichtum der Schöpfung Gottes nachhaltig zu gestalten.
Vögel seien Geschöpfe, die aktuell auf den ausbeuterischen Umgang der Menschen mit der Umwelt besonders empfindlich reagieren. Das kennen wir nicht nur von den schrecklichen Bildern verölter Meeresvögel oder den vertrockneten Resten überfahrener Greifvögel auf der Straße, so Janssen in dem thematischen Gottesdienst am Sonntagabend, 19. April, in der St. Nikolai-Kirche von Edewecht. Der Gottesdienst gehörte zur Reihe Gottesdienst mal anders, die an jedem 3. Sonntag im Monat in der St Nikolai-Kirche in Edewecht stattfinden.
Vögel stellten sich erstaunlich schnell auf neue Gegebenheiten ein und zeigten manchmal Veränderungen der Natur erst an. Die Lerche ist verstummt, wo es intensive Monokulturen gibt. Der Eichelhäher zieht aus dem Wald um, wo ein Stadtpark Pflanzenvielfalt bietet. Andere Vogelarten gesellen sich hinzu und zeigen gleichnishaft menschliche Eigenschaften Mobilität, Empfindsamkeit, Flexibilität, Anpassungsfähigkeit. Zu den schönsten Beobachtungen gehört für mich immer wieder eine, die sich besonders im Watt an unserer Küste zeigt. Die dortigen Vogelarten haben genug mit der Suche nach Nahrung und dem Kampf um ihr Überleben zu tun. Dabei fallen sie jedoch nicht übereinander her, sondern haben entwicklungsgeschichtlich ein sinnvolles Neben- und Miteinander organisiert. Jeder Art ist ihr eigener Schnabel gewachsen, was Länge, Stärke, Spitze betrifft, um in den jeweiligen Tiefen des Watts ihre eigene Nahrung zu finden, so Janssen.
Als gleichnishaft für das Verhalten der Menschen bezeichnete Janssen das Gemeinschaftsleben der Vögel: Ob Sie nun ein treues Storchenpaar vor Augen haben mit ihrer lebenslangen Beziehung, oder die Hähne und Hennen mit ihrer Polygamie, den Kuckuck, der für Patchworkfamilien sorgt, die Brandgänse, die gleich mit mehreren Familien ganze Kindergärten organisieren oder noch weitere Formen von Gemeinschaft und Miteinander von der Kleingruppe der Austernfischer über die langen Reihen der Kraniche bis zu den riesigen Schwärmen der Gänse in den Wiesen und zu den wogenden Wolken des Knutts über dem Watt. Wie dies Miteinander funktioniert scheint dabei noch rätselhaft zu sein fast wie das der Menschen in größeren Gruppen.
Vieles könnten die Menschen an den Vögeln beobachten und lernen, betonte Bischof Jan Janssen. So gehört zum Geschöpfsein auch das Unterwegsbleiben. Manchmal scheint mir der mitteleuropäische moderne Mensch in unseren Gefilden das einzige Geschöpf zu sein, dass meint, an einem festen Platz für alle Zeit und Ewigkeit bürgerlich siedeln, sein Nest bauen und bleiben zu können. Nein, wir müssen beweglich bleiben. Und wir alle wenn wir uns unserer Entwicklungsgeschichte einmal aussetzen dürfen erkennen, dass wir Wandervögel, Zugvögel, also Geschöpfe mit Migrationshintergrund sind und bleiben.
Das Engagement für die Artenvielfalt sei unverzichtbar sowohl an der Küste und im Moor, in den Gärten und auf den Weiden und in der Landwirtschaft. Unsere Natur braucht den nachhaltigen Einsatz der Vielen, die sich in Naturschutzbünden und Vogelschutzvereinen engagieren Ihnen sei heute einmal Dank dafür gesagt!, so Bischof Jan Janssen.
Den Gottesdienst gestalte Bischof Jan Janssen zusammen mit Andre Meinen und Lisa Wraase aus Edewecht, die die biblische Lesungen übernahmen. Daniel Gogolka aus Ocholt begleitete den Gottesdienst an der Orgel.
Hier finden Sie den vollen Wortlaut der Predigt von Bischof Jan Janssen.