Emden (epd). Mit einer bundesweiten Konferenz in Emden hat die Evangelisch-reformierte Kirche in Deutschland am Sonnabend einen anderthalbjährigen "Zukunftsprozess" gestartet. Zu dem Treffen in der Johannes-a-Lasco-Bibliothek kamen mehr als 200 Delegierte aus dem Nordwesten sowie aus Bayern und Sachsen zusammen. Die Kirche steht vor tiefgreifenden Veränderungen: Sie müsse sinkenden Mitgliederzahlen und absehbar rückläufigen Einnahmen begegnen, sagte ihr Kirchenpräsident Martin Heimbucher. Die bundesweit 145 Gemeinden mit insgesamt rund 180.000 Mitgliedern seien aufgefordert, sich aktiv an der Gestaltung der Zukunft zu beteiligen.
Heimbucher und andere Mitglieder der Kirchenleitung in Leer legten den Delegierten ein fast 50-seitiges Papier vor, das "eine Art Vibration" in der Kirche auslösen soll. An der Basis würden helle Köpfe gesucht, die sich mit ihren Ideen und ihrem Potenzial beteiligen wollten. Mit Blick auf das Symbol der Herde als Gemeinde Gottes sagte Heimbucher: "Das ist das Gegenteil vom Schweigen der Lämmer. Das ist eine krasse, eine lebendige Herde, die nicht schweigt."
Die Zahl der Mitglieder in der reformierten Kirche wird Heimbucher zufolge bis 2030 auf etwa 150.000 Menschen zurückgehen. Dann müssen die Gemeinden mit etwa einem Drittel weniger Pastorinnen und Pastoren auskommen, von denen heute noch 150 im Pfarramt arbeiten. Die reformierte Kirche orientiert sich vor allem an den Schweizer Reformatoren Johannes Calvin (1509-1564) und Ulrich Zwingli (1484-1531). Sie hat einen Schwerpunkt an der Grenze zu den Niederlanden.
Patentrezepte könne es bei den notwendigen Veränderungen nicht geben, weil die Reformierten mal mit Nachbargemeinden in einer volkskirchlichen Situation lebten, mal als Minderheit unter anderen Konfessionen, hieß es. "Die große Beteiligung stimmt uns zuversichtlich, dass die Kirchengemeinden sich den Herausforderungen stellen", sagte Norbert Nordholt, Präses des reformierten Kirchenparlamentes.
Das Impulspapier stellt unter anderem mögliche Strategien für eine kleiner werdende Kirche vor. Dazu gehören Kooperationen zwischen Gemeinden ebenso wie die Bereitschaft, auf bestimmte Angebote zu verzichten. "Eine Gemeinde spezialisiert sich auf den Kindergottesdienst, die zweite auf die Jugendarbeit und die dritte auf die Kirchenmusik - das sind Modelle, die ich mir wünsche", sagte Heimbucher. Auch eine stärkere Vernetzung mit lutherischen, katholischen und freikirchlichen Nachbarn sei denkbar.
In der nächsten Zeit sollen zuerst Ideen gesammelt werden. Eine "qualifizierte Auswertung" soll dann im folgenden Frühjahr auf dem Internetportal www.reformiert.de veröffentlicht werden. Beschlüsse will die Kirche laut Heimbucher bei der Herbsttagung der reformierten Gesamtsynode im November 2017 fassen.