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Nach monatelanger kontroverser Diskussion in Niedersachsen hat sich der Landtag in Hannover am Dienstag, 19. Juni, für den Reformationstag am 31. Oktober als neuen gesetzlichen Feiertag entschieden. Das Parlament in Hannover beschloss mit 100 von 137 Stimmen einen entsprechenden Gesetzentwurf der rot-schwarzen Landesregierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Damit wird der 31. Oktober bereits in diesem Jahr arbeitsfrei sein. Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen und die Gewerkschaften begrüßten die Entscheidung. Andere Verbände und Religionsgemeinschaften erneuerten ihre Kritik an dem Tag oder signalisierten Gesprächsbereitschaft.

Für die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg begrüßte Oberkirchenrat Thomas Adomeit, Vertreter im Bischofsamt der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, die Entscheidung des niedersächsischen Landtags: „Mit allem Nachdruck begrüße ich die Entscheidung des niedersächsischen Landtags, den Reformationstag als neuen Feiertag in unserem Bundesland einzuführen“, betonte Adomeit. Er sei davon überzeugt, „dass dieser Feiertag in unserer Gesellschaft mehrheitsfähig ist. Dieser Feiertag ist für alle Bürgerinnen und Bürger Anlass, sich gemeinsam an die Errungenschaften der Reformation für unsere Gesellschaft zu erinnern: Freiheit und Toleranz. Aber auch für das öffentliche Bildungswesen hat die Reformation entscheidende Impulse gegeben. Die evangelische Kirche hat in den letzten Jahren gezeigt, wie dieser Tag inhaltlich zu füllen ist. Der 31. Oktober wird kein reiner Luthertag sein. Meine große Hoffnung ist, dass es uns gelingt, den Reformationstag gemeinsam zu feiern und die Impulse der Reformation für unsere Zukunft fruchtbar zu machen: mit Glaube und Kultur, in der fröhlichen Begegnungen mit Menschen anderer Konfessionen und Religionen, als einen Tag des Miteinanders und der Versöhnung.“

Der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, der hannoversche Landesbischof Ralf Meister, sieht in der Einführung des Reformationstages als neuem gesetzlichen Feiertag im Land eine historische Entscheidung. „Mit dem Reformationstag bekommt Niedersachsen einen Feiertag, der in seiner Gestaltung herausfordernd ist und große Chancen bietet, aber auch unbequem sein kann“, so Meister.

Der schaumburg-lippische Landesbischof und Catholica-Beauftragte Karl-Hinrich Manzke sagte, er sei erleichtert, dass es ein klares Votum für den Reformationstag gegeben habe. In der Entscheidung sei auch ein Vertrauen zur evangelischen Kirche erkennbar, „dass viele in der politischen Öffentlichkeit uns zutrauen, diesen Tag auch so zu gestalten, dass er nicht konfessionell verengt ist“.

Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns sagte, er sehe in dem Votum eine Verpflichtung, den Tag zu gestalten. Die evangelische Kirche habe sich vor dem 500. Reformationsjubiläum im Jahr 2017 über ein Jahrzehnt sehr intensiv mit ihrer Tradition, den Impulsen für Kirche und Gesellschaft und auch erstmals mit den Schattenseiten der Reformation auseinandergesetzt. Nun gelte es, Formate zu finden, die dieses spiegelten.

Der reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher betonte, er freue sich für alle Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen, die freihaben. Das passe wunderbar zur Grundbotschaft der Reformation: „Das Entscheidende wird umsonst geschenkt.» Der Vertreter im Oldenburger Bischofsamt, Oberkirchenrat Thomas Adomeit, begrüßte ebenfalls die Entscheidung. «Ich bin davon überzeugt, dass dieser Feiertag in unserer Gesellschaft mehrheitsfähig ist.“

Landesbischof Meister versicherte, mehr als 2.000 evangelische Kirchengemeinden in Niedersachsen seien ein Garant dafür, dass der Feiertag breit im Land verankert werde. „Wir wollen in Veranstaltungen und Gottesdiensten in ganz Niedersachsen über unser gesellschaftliches Miteinander ins Gespräch kommen“, sagte er. Er sei zuversichtlich, dass es gelingen werde, den Tag als einen Tag für alle Bürgerinnen und Bürger zu feiern.

Mit Blick auf den Streit über den neuen Feiertag in den vergangenen Monaten sagte Landesbischof Meister, er hoffe, dass sich alle politischen und gesellschaftlichen Akteure wieder aufeinander zu bewegten. Der Reformationstag könne auch als Diskussionsforum genutzt werden. Die jüdischen Gemeinden und die katholische Kirche hatten sich mit Verweis auf die Judenfeindlichkeit des Reformators Martin Luther (1483-1546) und die Kirchenspaltung vor rund 500 Jahren gegen diesen Tag als Feiertag ausgesprochen.

Der katholische Prälat Felix Bernard sagte, die katholische Kirche habe zwar für den Buß- und Bettag plädiert, doch nach der Entscheidung des Landtages würden sich die Katholikinnen und Katholiken jetzt nicht gegen den Reformationstag wenden. „Es liegt bei der evangelischen Kirche, diesen neuen gesetzlichen Feiertag inhaltlich zu gestalten.“ Wenn dabei ein Mitwirken der katholischen Kirche gewünscht werde, sei sie gesprächsbereit.

Der jüdische Verbandsvorsitzende Michael Fürst zeigte sich überrascht von dem deutlichen Votum des Landtages. Die jüdischen Gemeinden würden sich an den Feierlichkeiten zum Reformationstag nicht beteiligen, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zu einer von manchen heraufbeschworenen Spaltung der Gesellschaft werde die Entscheidung aber nicht führen. Die jüdischen Gemeinden hatten sich mit Verweis auf die Judenfeindlichkeit des Reformators Martin Luthers (1483-1546) gegen den Reformationstag ausgesprochen.

Bei der namentlichen Abstimmung im Landtag stimmten 20 Parlamentarier gegen den Reformationstag. 17 Abgeordnete enthielten sich. Zuvor wurden Anträge für den Internationalen Frauentag am 8. März, den Europatag am 9. Mai, den Tag des Grundgesetzes am 23. Mai und den Buß- und Bettag im November zurückgewiesen.

Ministerpräsident Weil betonte in der Parlamentsdebatte: „Der Reformationstag ist unter den vorgeschlagenen Tagen derjenige, der am breitesten in der Gesellschaft verankert ist.“ Weil hatte den neuen Feiertag vorgeschlagen, weil die norddeutschen Länder deutlich weniger Feiertage haben als die süddeutschen Länder. Der Reformationstag erinnert an den Beginn der Reformation von Kirche und Gesellschaft im 16. Jahrhundert durch die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers am 31. Oktober 1517.

Die islamischen Verbände forderten die Politik und die evangelische Kirche auf, den Reformationstag zu nutzen, um wie angekündigt den interreligiösen Dialog zu fördern. „Wir Muslime sind bereit, unseren Beitrag hierzu zu leisten“, sagte der Schura-Vorsitzende Recep Bilgen dem epd. Die Unternehmerverbände halten den neuen Feiertag für falsch, weil er einen Wettbewerbsnachteil darstelle. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach dagegen von einem guten Tag für die Beschäftigten in Niedersachsen.

Der Reformationstag ist bereits gesetzlicher Feiertag in Ostdeutschland außer Berlin. Schleswig-Holstein und Hamburg hatten den 31. Oktober im Februar ebenfalls zum Feiertag erklärt. Die Bremer Bürgerschaft wird am Mittwoch, 20. Juni, in zweiter Lesung über den Reformationstag als Feiertag abstimmen. Eine Mehrheit für den Tag ist wahrscheinlich.

Dieser Beitrag basiert auf einer Meldung des Evangelischen Pressedienstes Niedersachsen-Bremen (epd).

Oberkirchenrat Thomas Adomeit. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch
Oberkirchenrat Thomas Adomeit. Foto: ELKiO/D.-M. Grötzsch