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Beratungs- und Hilfsangebote für Familien zu bündeln und wohnortnah kompetente Ansprechpartner vorhalten zu können, das ist die Idee der Familienzentren, über die derzeit in ganz Niedersachsen diskutiert wird. In einigen Kommunen sind sie bereits ins Leben gerufen worden. Im Gespräch ist, Familienzentren an bestehende Kindertagestätten anzudocken, um möglichst niedrigschwellig zu arbeiten. Gleichzeitig soll das Angebot aber Familien mit Kindern aller Altersgruppen zur Verfügung stehen. An zwei Werkstatt-Tagen haben nun Mitarbeitende und Gemeindemitglieder darüber diskutiert, wie sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg mit ihrem vielerorts flächendeckenden Angebot für Familien hier einbringen kann?


„Auf dem Weg zu einem evangelischen Familienzentrum“ war die Veranstaltung überschrieben, deren erster Teil im Januar in Rastede stattfand. Zum zweiten Werkstatt-Tag trafen sich die Teilnehmenden am vergangenen Freitag, 14. Februar, in Oldenburg. Als Ansprechpartner hatten sie den Landtagsabgeordneten Jürgen Krogmann eingeladen, um von ihm zu erfahren, welche Haltung die niedersächsische Landesregierung zur Schaffung von Familienzentren einnimmt.


„Der Punkt, was die Familienzentren genau abdecken werden – ob beispielsweise auch Seniorenangebote mit dort aufgenommen werden sollen – ist landesseitig noch nicht geklärt. Es gibt aber die Tendenz, das Angebot nicht ausufern zu lassen“, erklärte Krogmann am Freitag. Er sprach sich persönlich für ein stadtteilorientiertes Angebot aus, um individuell und nah bei den Menschen arbeiten zu können. „Da ist die Kirche als Ansprechpartner mit ihrem Netzwerk natürlich besonders prädestiniert“, meinte er. Wohnortnah, umfassend und qualitativ hochwertig – alles werde nicht immer gehen, warnte der Landtagsabgeordnete. „Wenn man wirklich etwas Gutes schaffen will, dann gelingt das vielleicht nicht immer wohnortnah.“


Gleichzeitig machte Krogmann deutlich, dass Familienzentren vermutlich nicht intensiv vom Land gefördert werden. „Nach meiner Einschätzung wird es kein flächendeckendes, millionenschweres Finanzierungsmodell geben“, sagte er klar. Er plädierte für eine nachhaltige Strategie, statt auf kurzfristige Projektfinanzierungen zu hoffen. „Sonst wird etwas angeschoben, für das nach ein paar Jahren kein Geld mehr da ist“, betonte er.


Haben die Kindertagesstätten überhaupt die Kapazitäten, ein solches Familienzentrum zu tragen? Das stellte Ingeborg Pohl, Beauftragte für Kindergartenarbeit der oldenburgischen Kirche, in Frage. „In den Kindergärten wird sowieso schon gute Arbeit für die Familien geleistet – aber die Ressourcen sind begrenzt.“


Das sah auch der Oldenburger Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker so. „Es ist nach meinem Dafürhalten zu wenig Geld im System. Und es kann nicht darum gehen, diesen Kuchen für die Familienzentren noch einmal neu aufzuteilen.“ Mit Blick auf die Landesregierung regte er an, Mut zu haben zu Steuererhöhungen. „Wenn das Geld an den richtigen Stellen eingesetzt wird, gibt es eine große Akzeptanz dafür in der Bevölkerung – das belegen Umfragen immer wieder.“


Dies bestritt auch Krogmann nicht. Das Land allerdings habe nur wenige Möglichkeiten, Steuern einzuziehen, sagte er und machte noch einmal klar, dass es weniger ein Landesinteresse, sondern vielmehr ein kommunales Interesse sei, Familienzentren aufzubauen. „In der Politik ist das erstmal nur ein Stichwort. Mit Leben gefüllt werden muss es von unten.“


Hiltrud Boomgaarden, Leiterin der Evangelischen Familien-Bildungsstätte Oldenburg, gab den Teilnehmenden einen Überblick über die bestehende Landschaft der Familienzentren. Groß sind hier die Unterschiede, sowohl in der Anzahl als auch in der Förderung. So gibt die Stadt Hannover für jedes ihrer 31 Familienzentren rund 40.000 bis 54.000 Euro jährlich aus, die Landeskirche Hannovers unterstützt 44 Familienzentren mit je 15.000 Euro, die Stadt Göttingen fördert ihre zwei Familienzentren mit jeweils etwa 100.000 Euro.


Auch im Bereich der oldenburgischen Kirche bestehen bereits Familienzentren: Die Stadt Wilhelmshaven verfügt über drei Zentren, ein viertes ist geplant. Zwei davon werden von der Evangelischen Familienbildungsstätte Friesland-Wilhelmshaven mitgetragen. „Die Stadt lässt sich die Familienzentren jedes Jahr 640.000 Euro kosten. Das bedeutet, das ist richtig Geld, was man da in die Hand nehmen muss, wenn man es losgelöst von den Kitas machen will“, betonte der Wilhelmshavener Gemeindepfarrer Kai Wessels. Auch in Delmenhorst ist bereits ein Familienzentrum entstanden, ebenso in Cloppenburg, dort in evangelischer Trägerschaft.


Wie viel Geld braucht man denn nun wirklich, um ein Familienzentrum ins Leben zu rufen? Während der moderierende Pastor Jann Weinrich betonte, man könne klein mit einzelnen Angeboten beginnen, hielten diesen Weg nicht alle für sinnvoll. „Wir müssen aufpassen, dass die Familienzentren kein Etikettenschwindel werden, wenn man nur wenig Geld investieren will“, warnte einer der Teilnehmenden. Man dürfe mit dem Namen „Familienzentrum“ nicht Erwartungen wecken, die von den Mitarbeitenden nicht erfüllt werden können, bekräftigte ein anderer. Welchen Weg also wird die oldenburgische Kirche langfristig einschlagen? Was kann sie leisten, wie könnten Familienzentren aussehen? Darüber diskutierten die Teilnehmenden im Anschluss in Kleingruppen.


Eines allerdings machte Oberkirchenrat Mucks-Büker ganz deutlich: Die Kirche allein kann diese Aufgabe nicht leisten. „Es muss klar sein, dass Familienzentren politischer Wille sind und die Kommunen hier auch Verantwortung übernehmen.“

 

Ein Beitrag von Anke Brockmeyer.

 

Das Vorbereitungsteam der Workshops zum Thema „Auf dem Weg zu einem evangelischen Familienzentrum“ (von li. nach re.): Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker; Pastor Jann Weinrich; Ingeborg Pohl, Beauftragte für die Kindergartenarbeit; Familienbildungsstätten-Leiterin Hiltrud Boomgaarden; Ulrich Schleppegrell, Integrationsberater der Diakonie; Pastorin Hilke Freels-Thibaut, der Landtagsabgeordnete Jürgen Krogmann und Pastor Jens Teuber. Foto: ELKiO/Anke Brockmeyer