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Oldenburg (epd). Die Stadt Oldenburg reagiert auf die NS-Verstrickungen der Namensgeberin des «Edith-Russ-Hauses für Medienkunst» und streicht deren Namen aus dem Titel. Der Rat der Stadt habe dies mehrheitlich am Montagabend beschlossen, teilte die Stadt am Dienstag mit. Für die Streichung stimmten neben Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) die Fraktionen der Grünen, SPD sowie Vertreter von Volt und der Gruppe für Oldenburg. Dagegen votierten CDU, FDP und BSW.

Die Erbschaft von Edith Ruß (1919-1993) war den Angaben zufolge nach ihrem Tod in eine nach ihr benannte Stiftung und in den Bau des Medienkunst-Hauses geflossen. Im April vergangenen Jahres hatte die Stadt nach Hinweisen auf die NS-Vergangenheit die unabhängigen Historiker Mareike Witkowski und Joachim Tautz mit Recherchen beauftragt. Sie fanden heraus, dass die Journalistin seit Januar 1941 der NSDAP angehörte.

Ruß verfasste für unterschiedliche Zeitungen im NS-Pressewesen zwischen 1939 und 1945 Artikel, die nach Einschätzung der Experten «Gedankengut, das sich als völkisch und nationalistisch einordnen lässt» enthielten. Ruß habe so einen «Beitrag zur Normalisierung und Stabilisierung des NS-Regimes» geleistet, wenn auch auf einer untergeordneten Ebene. Nach 1945 habe Ruß ihre NSDAP-Mitgliedschaft jedoch stets geleugnet und auch im Entnazifizierungsverfahren verschwiegen. Oberbürgermeister Jürgen Krogmann sprach deshalb von einem «Vertrauensbruch».

Seitdem die NS-Verstrickung bekannt wurde, sind aus Sicht der Stadtverwaltung negative Auswirkungen auf den Betrieb des Medienkunsthauses zu spüren. Künstlerinnen und Künstlern sowie Sponsoren und Kooperationspartner hätten sich distanziert. Ruß habe testamentarisch verfügt, dass ihr Name an der Fassade des Hauses angebracht wird. Diese Ehrung sei nun nicht mehr angemessen und vertretbar.

Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst wurde Ende der 1990er Jahre für mehr als zwei Millionen Euro errichtet. Darin enthalten seien 1.078.837 Euro aus dem Erbe von Ruß. Der Betrieb des Ausstellungshauses und eines dazugehörenden Gästehauses wird laut der Verwaltung seither aus dem städtischen Haushalt finanziert. Von 2001 bis 2023 habe die Stadt das Haus mit mehr als zwölf Millionen Euro bezuschusst.

Das international anerkannte Haus zeigt Werke aktueller Künstlerinnen und Künstler, die mit Technologien wie Video, Computer oder dem Internet arbeiten. Verbindendes Thema der regelmäßig wechselnden Ausstellungen ist die zunehmende Gegenwart neuer Medien und Kommunikationsformen in der Alltagswelt.