Zum Hauptinhalt springen

Für viele arme Menschen ist es schon lange her, dass ihnen an einer gedeckten Tafel mit Tischdecke ein Essen serviert wurde. Das soll sich in Oldenburg ändern. Dort lädt jeden Donnerstag eine Vesperkirche zum gemeinsamen Speisen ein.

 

Oldenburg (epd). Die zentral gelegene evangelische Garnisonkirche in Oldenburg soll bis Pfingsten zeitweise in ein Gasthaus umgewandelt werden. Zu diesem Zweck wird dort eine sogenannte «Vesperkirche» eingerichtet, sagte Projektleiter und Ruhestandspastor Andreas Thibaut am Dienstag. Jeweils am Donnerstag ab 18 Uhr sollen im Kirchenschiff an sieben Tafeln mit weißer Stofftischdecke wertige Speisen serviert werden. Das Pilotprojekt unter dem Titel «Für Leib und Seele. Für alle.» richte sich an bedürftige Menschen und solche, die gerne einmal wieder in Gesellschaft essen möchten.

Das Pilotprojekt schließe an die Arbeit des Kältebusses der Johanniter an, von dem aus in der kalten Jahreszeit Obdachlose mit warmen Essen und Getränken versorgt werden, erläuterte der Leiter des Kältebus-Teams, Jörg Bohlke. Er erwarte pro Abend rund 60 bis 70 Gäste in der «Vesperkirche». Gesponsert werde das Projekt von namhaften Oldenburger Firmen, die neben dem Essen auch für das Geschirr, Gläser, Tischdekoration und sogar den Abwasch sorgen.

Für diesen ersten Donnerstag stehen Szegediner Gulasch und ein Dessert auf dem Speiseplan, sagte Thibaut. «Wir wollen eine angenehme Atmosphäre, quasi in unserer guten Stube schaffen.» Dazu gehöre neben der Stofftischdecke auch, dass die Gäste am Platz bewirtet werden. An den meisten Abenden werde sogar ein Spitzenkoch aus Bad Zwischenahn kommen, der darauf achte, dass das Essen nicht einfach irgendwie auf den Teller kommt, sondern schön angerichtet ist.

Die Idee zur Vesperkirche sei bei einem Treffen der Oldenburger Subkommende - eine Art Ortgruppe - des Johanniterordens entstanden, berichtete deren stellvertretender Leiter, Immo Suhr. Eingeladen seien nicht nur bedürftige Menschen, sondern auch solche aus anderen Milieus. Langfristiges Ziel sei es, die Stadtgesellschaft zusammenzubringen und das Thema Armut sichtbar zu machen.

Ob das gelingt, solle nach sechs Abenden geklärt werden. Dann könne auch besprochen werden, ob und wie das Projekt fortgeführt und eventuell ausgeweitet wird. Denkbar sei, dass sich weitere Kirchengemeinden, Schulen, Betriebe, Verbände oder die Politik mit einbringen.

Der Begriff der «Vesperkirche» stammt aus Süddeutschland. Überwiegend evangelische Kirchengemeinden in Baden-Württemberg und Bayern bieten dort jährlich unter diesem Titel vor allem in den Wintermonaten soziale Projekte zugunsten von armen und bedürftigen Menschen an. Ähnliche Initiativen gab es in den vergangenen Jahren beispielsweise auch in Hannover, Braunschweig, Helmstedt und Lüneburg.