Wem auch immer die Formulierung des kirchlichen hashtags „#hoffnunghamstern“ eingefallen ist - er oder sie hat damit einen kongenialen Impuls zur aktuellen Lage gegeben. Auch wenn das Hamstern von Toilettenpapier, Trockenhefe und Desinfektionssprays offenbar schon wieder nachzulassen beginnt, das „Hoffnunghamstern“ hat sich noch lange nicht erübrigt.
Dabei erscheint es ja irgendwie verrückt: Während sich unsere Gesellschaft medizinisch, sozial und ökonomisch in einer handfesten Krise befindet, strahlt die Frühlingssonne Tag für Tag wie zum Trotz von einem strahlendblauen Himmel. Wie so eine Art hoffnungsvolles Kontrastprogramm: Nicht nur das Virus verbreitet sich, sondern auch das frische Grün an Büschen und Bäumen ist nicht mehr aufzuhalten. Ein Hoffnungsschimmer, der Tag für Tag stärker wird. Und dazu noch die vielen gestreamten, gesungen, gespielten, und ganz handfest praktizierten Hoffnungszeichen auf der ganzen Welt.
Vieles von alldem wirkt für mich wie eine Illustration zu unserem aktuellen Wochenspruch. Ein etwas sperriger klingender Bibelvers, der sich jedoch inhaltlich wunderbar zum „Hoffnungshamstern“ eignet: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ (1. Petr. 1,3)
Für den Verfasser dieser Zeilen ist diese „lebendige Hoffnung“ offenbar das Erkennungszeichen und Identitätsmerkmal von uns Christ*innen schlechthin. Und ich denke an die vielen kirchlichen Ideen und Aktionen in diesen Wochen. An kreative und hoffnungsvolle Ehrenamtliche und Hauptamtliche. Und ich denke dankbar an die vielen Menschen, die unabhängig davon ebenfalls Hoffnung verbreiten: Der humorvolle Kassierer im Supermarkt, die mutige Ärztin im Dauereinsatz, die geduldige Mitarbeiterin im Gesundheitsamt und der zupackende Erntehelfer, die klug abwägende Politikerin und der verlässliche Altenpfleger. Eine mutmachende Geste, eine helfende Tat, eine kluge Entscheidung. All das, wie auch die blühende Magnolie und das sich ausbreitende Grün der Bäume, sind Hoffnungszeichen. Gott sei Dank dafür!
Der Verfasser unseres Bibelverses gräbt jedoch noch eine Schippe tiefer.
Die Hoffnungszeichen unseres Alltags und unserer Erfahrung sind so wertvoll und so wichtig, aber sie sind noch nicht die Sache selbst um die es bei der „lebendigen Hoffnung“ geht:
Nämlich diese ebenso bleibend geheimnisvolle wie wunderbar verrückte Überraschungskation des Schöpfers am Ostermorgen. Gott hat den gekreuzigten Jesus zu neuem, unvergänglichen Leben auferweckt. Und dadurch hat Gott Jesu ganzes Leben, Reden und Tun ins Recht gesetzt: Die Bergpredigt, die Heilungen, seine Zuwendung und seine Vergebung, sein Leben und Sterben für uns: All das gilt. All das bleibt. All das zählt.
Auch wenn es noch dauert und auch wenn Krankheit und Leid noch Tag für Tag zu dieser Welt dazugehören. Die Osterbotschaft lautet: Das Spiel ist doch schon entschieden. Gottes Traum von Liebe und Gerechtigkeit wird wahr werden. Gottes Sehnsucht kommt zum Ziel. Ein Leben ohne Leid und Tod wird uns blühen.
Die blühenden Bäume und das zarte Hoffnungsgrün der Blätter erinnern mich genauso daran, wie die vielen andere Hoffnungszeichen um uns herum. Und doch bin ich froh, dass die Zukunft dieser Welt letztlich nicht an unseren Wahrnehmungen und Möglichkeiten hängt, so gut und wichtig sie auch sind: nicht an unserer individuellen oder gesellschaftlichen Resilienzfähigkeit, nicht am medizinischen Fortschritt, nicht an unserer ökonomischen Stärke und noch nicht einmal an unserer spirituellen Sensibilität oder kirchlichen Glaubwürdigkeit.
Die „lebendige Hoffnung“ aus dem Wochenspruch hat ihren Ursprung außerhalb von mir und außerhalb von uns - in Gott. Im Auferstehungswunder von Ostern.
Das lasse ich mir gerade auch in diesen Wochen gern immer wieder sagen.
Und: Weil diese „lebendige Hoffnung“ hält, hamstere und teile ich umso dankbarer von den vielen großen und kleinen Hoffnungszeichen um mich herum.
Pfarrer Cornelius Grohs