Über Martin Luther und die Reformation, konfessionelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede und die Ökumene im Oldenburger Land diskutierten gestern auf Einladung des Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen der Oldenburger Bischof Jan Janssen und Prälat Peter Kossen vom Bischöflich Münsterschen Offizialat. Bei dem Gespräch in der Lutherkirche, das der Journalist Jürgen Westerhoff vor ca. 150 Zuhörenden moderierte, drückten die Gesprächspartner ihren hohen Respekt vor der anderen Konfession aus.
Sie seien in einem konfessionell eindeutigen Umfeld aufgewachsen und hätten die wenigen fremdkonfessionellen Jugendlichen als normale Mitschüler wahrgenommen, beschrieben Kossen und Janssen ihre ersten interkonfessionellen Erfahrungen. Seine Mutter habe ihren Kindern allerdings eingeschärft, bei einer späteren Partnerwahl auf die Konfession zu achten. „Genützt hat das nichts“, lachte Kossen. Die Bandbreite innerhalb der evangelischen Kirche sei auch sehr groß, erklärte Janssen. Es gebe Menschen, die der nüchterne reformierte Wortgottesdienst mehr anspreche, oder solche, die eine katholische Messe lieben. „Diese Erkenntnis unserer eigenen Vielfalt hilft sehr, die Ränder zur anderen Konfession durchlässiger zu sehen.“
„Luther ist für mich eine faszinierende Gestalt“, antworte Kossen auf die Frage, wie er zu dem Reformator stehe. Er habe großen Respekt vor dem Mann, der für etwas gestanden habe, was auf den wesentlichen Kern des Christentums zurückführen sollte. Für diese Idee habe er sein Leben riskiert. Luther habe etwas auf den Punkt gebracht, was viele Menschen gedacht hätten. Für Janssen war Luther kein Erfinder einer Konfession, sondern ein Suchender, der in einem Kontext von Vordenkern gestanden habe. Luther habe die Kirche nicht spalten, sondern voranbringen wollen.
Ökumene steht auf breiten Füßen
Die Ökumene habe im Oldenburger Land durch die Fluchtbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg einen Aufschwung erlebt, sagte Kossen „Die Menschen waren jetzt in jedem Dorf mit anderen Konfessionen konfrontiert. Das öffnete zwar den Blick, führte aber auch zu Verwerfungen zum Beispiel bei konfessionsverschiedenen Ehen.“ Diese Schwierigkeiten seien heute überwunden, ergänzte Janssen. Im Oldenburger Land seien beide Konfessionen mal in der Minderheit, mal in der Mehrheit. „In der Mehrheit zu sein, führt dazu, Rücksicht auf den anderen zu nehmen.“ Diese Situation erzeuge eine Ausgewogenheit, die es sonst kaum in Deutschland gebe. An der katholischen Kirche schätze er den Blick in die Weltkirche, den kenne die evangelische Kirche so nicht.
Kossen lobte dafür bei der evangelischen Kirche die Einbindung der Laien in viele Entscheidungen. „Nur so kann man erreichen, dass die Menschen sich aktiv einbringen und nicht abwandern.“ Was sie auf keinen Fall in ihrer Konfession missen wollten? „Die Heiligenverehrung“, antwortete Kossen. „Das evangelische Pfarrhaus mit Familie“, sagte Janssen.
Ökumene werde nicht nur von den Kirchenleitungen, sondern auch von Menschen vor Ort gelebt, waren sich beide einig. Die gegenseitige Anerkennung der Taufe in Deutschland sei maßgeblich im Oldenburger Land angestoßen worden. Die beiden Bischöfe eröffneten zusammen den Advent, es gebe die ökumenische Beratungsstelle in Oldenburg, eine enge Zusammenarbeit bei den Hochschulgemeinden und in vielen Kirchengemeinden. „Unsere Großeltern hätten sich das nicht träumen lassen“, machte Janssen deutlich. Dass es dennoch offene Fragestellungen gebe wie die Weihe von Frauen, wollten sie nicht verschweigen. Auch die Frage des gemeinsamen Abendmahls führe oft zu Verletzungen, gab Kossen zu. Diese Frage sei ungelöst und benötige noch etwas Zeit.
Eine klare Antwort hatten beide auf Fragen des Publikums, wie man einer Erosion der christlichen Kirchen entgegenwirken könne. „Wir müssen uns als Christen positionieren und uns mehr trauen, öffentlich zu unserem Glauben zu stehen“, sagten sie.
Ein Beitrag von Dr. Ludger Heuer.