Auf einer Mitarbeitendenversammlung am Freitag, 14. November, im Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg hat Oberkirchenrat Wolfram Friedrichs seinen Rücktritt als juristischer Oberkirchenrat mitgeteilt. Er übernehme damit die politische Verantwortung für die Feststellungen des Oberrechnungsamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in seinem Bericht zur Sonderprüfung der Gemeinsamen Kirchenverwaltung, erklärte der 51jährige Kirchenjurist. Auch wenn das Oberrechnungsamt ausdrücklich festgestellt habe, dass die Verantwortlichkeit für Mängel im Verwaltungshandeln nicht einer Stelle allein zugeordnet werden könne, so wolle er mit seinem Rückzug den Blick auf die festgestellten Probleme frei machen. Mit meinem Schritt erhoffe ich mir, dass die Kirche die Fähigkeit zurückgewinnt, die sachlich notwendige Debatte über die aufgezeigten Problematiken aufzunehmen und eine Lösung der skizzierten Probleme anzugehen, sagte Friedrichs. Er habe darum gegenüber dem Gemeinsamen Kirchenausschuss der oldenburgischen Kirche auf der jüngsten Sitzung erklärt, dass er mit sofortiger Wirkung sein Amt ruhen lasse und um Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mit Wirkung vom 30. April kommenden Jahres gebeten. Diese geschehe, um mit dem Oberkirchenrat und dem Gemeinsamen Kirchenausschuss gemeinsam einen geordneten Übergang gestalten zu können, so Friedrichs.
Die eingetretene Entwicklung bedaure ich zutiefst, da ich die Konzeption der von der Synode beschlossenen Verwaltungsstrukturreform im Wesentlichen mit der damaligen synodalen Arbeitsgruppe selbst konzipiert und auf den Weg gebracht habe, sagte der scheidende Oberkirchenrat. Ich hoffe, dass es dem Oberkirchenrat gelingt, die Ge-meinsame Kirchenverwaltung auch insgesamt den Kirchengemeinden wieder als verlässlichen Partner an die Seite zu stellen, erklärte Friedrichs.
Der Prüfbericht des Oberrechnungsamtes war vom Gemeinsamen Kirchenausschuss im März diesen Jahres in Auftrag gegeben worden, um die angespannte Finanzlage einer Kirchengemeinde zu überprüfen, die unter anderem auf über Jahre nicht angemahnte Kindertagesstätten-Gebühren zurückzuführen ist. Im Prüfbericht wurden Mängel im Verwaltungshandeln sowohl der Regionalen Dienststelle als auch der Zentralen Dienststelle der oldenburgischen Kirche festgestellt. So seien zahlreiche gute Ansätze der Verwaltungsstrukturreform bei der Umsetzung ins Stocken geraten. Spezielle Ziele, wie eine Einheitlichkeit der Verwaltungen, wirksame Kontrollen und eine höchstmögliche Effizienz seien nur bedingt erreicht worden.
Ursachen sind nach Auffassung des Oberrechnungsamtes der Personalmangel in der Regionalen Dienststelle, der Aufgabenzuwachs, Probleme bei der Umstellung und Anwendung von Softwareprogrammen, Unkenntnisse über Zuständigkeiten, Prozesse und Verantwortlichkeiten, unzureichende Kontrolle sowie ungenügend beschriebene Prozesse, insbesondere im Zusammenspiel zwischen der Zentralen und der Regionalen Dienststelle. Dieser Prüfbericht wird Gegenstand der Beratungen der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, die in der kommende Woche in Rastede zusammentreten wird.
Bischof Jan Janssen sprach in der Mitarbeitendenversammlung Oberkirchenrat Wolfram Friedrichs seinen Dank für die von ihm geleistete Arbeit aus. Er zollte seinem Schritt großen Respekt auch im Namen des Gemeinsamen Kirchenausschusses und der Mitarbeitenden. Diese menschliche Anerkennung steht bei aller Schwere der Entscheidung im Vordergrund, so Janssen. Zu den anstehenden Aufgaben gehören jetzt die nüchterne Auswertung des Prüfberichtes aus dem Oberrechnungsamt und die Weiterentwicklung der guten Ansätze im Bemühen um dessen Aufarbeitung.
Im Mai 2006 hatte die Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg Wolfram Friedrichs im ersten Wahlgang als Nachfolger von Oberkirchenrat Dieter Schrader zum juristischen Oberkirchenrat gewählt. In seine Amtszeit fiel die Umsetzung der von der Synode 2006 beschlossenen Verwaltungsstrukturreform in der oldenburgischen Kirche. Dabei wurden 18 kirchliche Verwaltungseinheiten auf sechs regionale Dienststellen und eine Zentrale in Oldenburg reduziert.
Zuvor war Wolfram Friedrichs seit 2001 als Kirchenverwaltungsoberrat Fachbereichsleiter Haushalt und Finanzen und gleichzeitig seit 2005 als Justitiar bei den Vereinigten Kirchenkreisen Dortmund der Evangelischen Kirche von Westfalen tätig. Friedrichs, der am 10. Februar 1963 in Essen geboren wurde, studierte von 1987 bis 1992 Rechtswissenschaften an den Universitäten Saarbrücken, Freiburg und Münster. Nach dem Referendariat am Landgericht Dortmund führten ihn berufliche Stationen im Anschluss zur Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel in Bonn und zum Gemeindeunfallversicherungsverband Westfalen-Lippe in Münster.