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Menschliches Leben ist eine Gabe Gottes. Gott ist ein Freund des Lebens. Wenn Christen aufgefordert sind, handelnd Verantwortung für das Leben zu übernehmen und es zu gestalten, so kann das nur im Respekt vor der unantastbaren Würde geschehen, die jedem menschlichen Leben als unverlierbarem Wert, von seinem individuellen Beginn bis zu seinem Ende, zugeeignet ist. Für alle Menschen und in gleicher Weise muss dieser grundsätzliche Schutz des Lebens gelten, er darf nicht von Entwicklungsphasen oder gar von „Graden des Menschseins“ abhängig gemacht werden.

Für embryonale Stammzellen als beginnendes Leben muss ein optimaler Lebensschutz gewährleistet werden. Daraus kann nicht folgen, dass keinerlei Eingriff an embryonalen Stammzellen zulässig ist. Gerechtfertigt kann ein solcher Eingriff in beginnendes Leben allerdings nur dann sein, wenn er zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter erfolgt. Dies ist ausschließlich das Leben Dritter. Andere Rechtsgüter sind im Vergleich dazu nicht gleichwertig.

Das trifft auch zu auf den Gesichtspunkt der Rettung des Lebens unheilbar Kranker. Auch hier erscheint es fragwürdig, ob es sich dabei tatsächlich um gleichwertige Rechtsgüter handelt, die einander gegenüberstehen. Auf der einen Seite steht das Lebensrecht des Ungeborenen, das mit der verbrauchenden Forschung unweigerlich endet. Auf der anderen Seite steht nicht mehr als die Chance auf Heilung. Unklar bleibt, ob und inwieweit eine solche Chance realisiert werden kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt ergeben sich grundsätzliche Bedenken gegen den Verbrauch von Embryonen. Die Forschungsfreiheit muss gegenüber dem Recht auf Leben zurückstehen. Bedenklich stimmt in diesem Zusammenhang nicht zuletzt der Hinweis der Vizepräsidentin der DFG, Bärbel Friedrich. Sie machte darauf aufmerksam, dass es nicht auszuschließen sei, dass sich die Stammzell-Linien, deren Import angestrebt werde, als unbrauchbar herausstellen würden. Die Notwendigkeit der Produktion weiterer embryonaler Stammzellen scheint hier bereits mitgedacht. Zur Debatte steht also weniger die Frage, ob der Import, sondern vielmehr, ob der Verbrauch von embryonalen Stammzellen zu Forschungszwecken vertretbar erscheint. Von Gentherapie kann in diesem Stadium noch gar nicht gesprochen werden. Ob die derzeit mehr als vagen Erfolgsaussichten der verbrauchenden Stammzellforschung irgendwann einmal tatsächlich einen therapeutischen Niederschlag finden können, ist äußerst skeptisch zu beurteilen. Im Blick auf die therapeutischen Möglichkeiten werden derzeit adulte Stammzellen, beispielsweise bei Knochenmarkstransplantationen, bereits mit gutem Erfolg eingesetzt. Die Arbeit mit adulten statt embryonalen Stammzellen stellt also derzeit unter therapeutischen Gesichtspunkten einen durchaus erfolgversprechenden Ansatz dar, den auszubauen sich lohnen könnte.

Unter angemessener Berücksichtigung und Würdigung der vorgebrachten Argumente fordert der Oberkirchenrat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg die zuständigen Politiker und Organe auf, sicherzustellen, dass der Import von Stammzellen, die aus menschlichen Embryonen gewonnen worden sind, dem Geist des Embryonenschutzgesetzes entsprechend nicht zugelassen wird.

Oldenburg 29. Januar 2002

Oberkirchenrat Olaf Grobleben