Die Not der Flüchtlinge in den griechischen Lagern wird immer größer. Während Hilfswerke erneut die sofortige Aufnahme besonders Schutzbedürftiger fordern, reagiert offenbar die Politik in Deutschland und Europa. Auch Niedersachsen will helfen.
Hannover/Osnabrück (epd). Eine Aufnahme von Flüchtlingen aus griechischen Flüchtlingslagern scheint nach Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) näher zu rücken.
Niedersachsen reagierte am Mittwoch und erklärte seine Bereitschaft, eine größere Zahl besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus den griechischen Lagern aufzunehmen. Kurzfristig könne die Kapazität von rund 5.200 Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf bis zu 12.500 hochgefahren werden, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Hannover. Insgesamt hätten sich sechs Bundesländer und sechs EU-Staaten bereiterklärt, Flüchtlinge aufzunehmen.
Seehofer hatte am Dienstag nach einer CDU/CSU-Fraktionssitzung erklärt, dass «zeitnah» eine gemeinsame europäische Lösung für die humanitären Probleme gefunden werden müsse. Es gehe insbesondere darum, sich um die Kinder zu kümmern. Er wollte darüber am Mittwoch mit seinen Kollegen in der EU sprechen. Er hatte allerdings auch betont, dass es keinen deutschen Alleingang geben könne und dass zunächst die Ordnung an der griechisch-türkischen Grenze wiederherstellt werden müsse. «Ohne Ordnung wird es keine Möglichkeit für eine humanitäre Hilfe geben können.»
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) begrüßte gleichwohl die grundsätzliche Bereitschaft Seehofers: «Ich freue mich sehr, dass wir heute wohl soweit sind, endlich die Kinder aus dem Elend der Lager auf den griechischen Inseln zu holen.»
Unterdessen forderten Hilfswerke angesichts der wachsenden Flüchtlingsnot auf den ostägäischen Inseln und an der griechisch-türkischen Landgrenze die Aufnahme von bis zu 5.000 schutzbedürftigen Flüchtlingen. Deutschland solle nicht warten bis sich alle 27 EU-Staaten geeinigt hätten, teilte das Kinderhilfswerk terre des hommes mit Sitz in Osnabrück am Mittwoch mit. «Ärzte ohne Grenzen» sieht laut einem Zeitungsbericht die Notwendigkeit, 140 Kinder und ihre Familien nach Deutschland zu holen, die unter chronischen und komplexen Krankheiten litten. Die Kommunen in Niedersachsen zeigten sich grundsätzlich bereit.
«Wir wollen helfen, aber wir brauchen ein koordiniertes System», sagte der Sprecher des Städte- und Gemeindbundes, Thorsten Bullerdiek am Mittwoch dem epd. Der Bund und danach die Länder müssten die Menschen zentral aufnehmen und nach Quoten zuweisen, damit die Lasten gerecht verteilt würden. Niedersachsen müsste etwa 500 Menschen aufnehmen, wenn tatsächlich 5.000 nach Deutschland kämen, sagte Bullerdiek. «Aber dabei bleibt es ja nicht. Die Politik muss über die Soforthilfe hinaus langfristige Lösungen entwickeln. Wir können nicht immer auf Zuruf agieren.»
Marie von Manteuffel von «Ärzte ohne Grenzen» Deutschland, forderte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Mittwoch), die Bundesregierung müsse für eine Lösung eintreten, die zuallererst Menschenleben respektiere und schütze. Viele Flüchtlinge mit Krankheiten wie Epilepsie oder Herzerkrankungen könnten auf den Inseln nicht behandelt werden.