Hannover/Osnabrück (epd). Niedersachsen will bereits zum kommenden Schuljahr die Vollverschleierung von Schülerinnen im Unterricht verbieten. Der Landtag soll möglichst noch im August über eine entsprechende Änderung des Schulgesetzes abstimmen, sagte ein Sprecher des Kultusministeriums. Er bestätigte damit einen Bericht der "Braunschweiger Zeitung". Es sei angestrebt, dass die Gesetzesnovelle rückwirkend zum Beginn des neuen Schuljahres in Kraft tritt, das am 3. August beginnt.
Im vergangenen Jahr hatten in Niedersachsen mehrere Schülerinnen, die im Unterricht einen Gesichtsschleier (Nikab) trugen, die Politik beschäftigt. Für kontroverse Diskussionen sorgte insbesondere der Fall eines muslimischen Mädchens in Belm bei Osnabrück, das über Jahre vollverschleiert im Unterricht erschien. Die Fraktionen des Landtags hätten inzwischen gemeinsam einen Vorschlag für die Gesetzesänderung formuliert, erläuterte der Sprecher des Kultusministeriums. Dazu sei eine öffentliche Anhörung geplant.
Der neue Paragraf 58 im Schulgesetz soll Schülerinnen künftig verbieten, eine gesichtsbedeckende Kleidung wie eine Burka oder einen Nikab zu tragen. Die rot-grüne Landesregierung folgt damit einem Gutachten des Rechtswissenschaftlers Hinnerk Wißmann aus Münster. Dieser hatte argumentiert, die Religionsfreiheit sei ein Grundrecht. Für einen Eingriff sei "eine hinreichende gesetzliche Regelung erforderlich". Die konkrete Verpflichtung zur Teilnahme an einem offenen Unterrichts- und Schulgeschehen müsse gesetzlich fixiert werden.
Wißmann machte auch einen Formulierungsvorschlag zur Ergänzung des Paragrafen 58 des niedersächsischen Schulgesetzes. Danach sollten die Schülerinnen und Schüler die Pflicht haben, "durch ihr Verhalten und ihre Kleidung den offenen Austausch zwischen allen Beteiligten des Schullebens zu ermöglichen". Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte das Ergebnis des Gutachtens, das er selbst in Auftrag gegeben hatte, als "plausibel und nachvollziehbar" bezeichnet.