Pünktlich zum Reformationstag, am 31. Oktober, erscheint ein neues Buch zu dem bedeutenden norddeutschen Bildhauer Ludwig Münstermann. Mit dem Bildband „Münstermann-Bilder“ will der frühere Oldenburger Oberkirchenrat Prof. Dr. Rolf Schäfer Ludwig Münstermann den Menschen näher bringen und regelrecht Appetit machen.
Bei der Buchvorstellung am Freitag, 20. Oktober, in der St. Dionysius-Kirche in Holle betonte Schäfer, dass die Bedeutung Münstermanns erst vor knapp 100 Jahren wieder zutage getreten sei. Der damals führende Kunsthistoriker Albert Erich Brinckmann habe 1919 den Bildhauer Ludwig Münstermann mit Michelangelo und Rembrandt verglichen und ihm somit zum Durchbruch verholfen. Auf die enorme kunsthistorische Bedeutung Münstermanns immer wieder hinzuweisen, hat sich Rolf Schäfer nun schon seit Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht. Ihn beeindrucke am Werk des Bildhauers Münstermann insbesondere die ganz starke Ausdruckskraft, so Schäfer. Münstermann habe seine Schnitzfiguren etwas sagen lassen wollen.
Bereits vor einem Jahr, zur Eröffnung des Reformationsjubiläumsjahres, präsentierte die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg im Oktober 2016 ein großes zweibändiges Werk über den bedeutenden norddeutschen Bildhauer Ludwig Münstermann. Diese große Monografie mit dem Titeln „Ludwig Münstermann. Bildhauerkunst des Manierismus im Dienste lutherischer Glaubenslehre“, zu deren Autoren Rolf Schäfer gehört, arbeitete klar heraus, dass Münstermanns Altäre, Kanzeln und Taufsteine von der reformatorischen Theologie geprägt sind und noch heute einzigartige Kunstwerke in den Kirchen im Oldenburger Land darstellen.
Rolf Schäfer hat es sich in diesem Jahr auf Anregung des Oldenburger Verlegers Florian Isensee zur Aufgabe gemacht, aus dem großen Werk eine kleinere Publikation zu machen, die einen kurzen Überblick über den Künstler Münstermann gibt. Auf 25 Doppelseiten wird jeweils ein Kunstwerk Münstermanns vorgestellt und von Schäfer erläutert. Diese 25 ausgewählten Schnitzwerke stehen repräsentativ für die ganze Region und für das Gesamtwerk Münstermanns und geben Hinweise zur Entschlüsselung der münstermannschen Bilder. Der vor einem Jahr veröffentlichte zweibändige wissenschaftliche Katalog mit allen bekannten Münstermann-Werken sei mit seinen rund 1.000 Seiten und drei Kilogramm Gewicht nicht geeignet, damit eine Kirche zu entdecken, so Schäfer. Mit dem neuen Buch könnten sich Interessierte in die Kirchenbank setzen und den Aussagen eines Altars „auf die Spur kommen“.
Rund 100 Jahre nach Martin Luther (1483-1546) habe Münstermann mit seinen Altären und Statuen in den Kirchen ein evangelisches und religionspädagogisches Bildprogramm geschaffen, so Schäfer am Freitag vor der großen Münstermannkanzel in Holle, die ebenfalls in dem Buch erscheint.
Pfarrer Nico Szameitat, Beauftragter der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg für das Reformationsjubiläum 2017, betonte am Freitag, dass es vor 500 Jahren Martin Luther auf einzigartige Weise gelungen sei, die biblische Botschaft unter das Volk zu bringen. In gleicher Weise habe es 100 Jahre später der Bildhauer Münstermann vermocht, mit seinen Schnitzwerken den Menschen einen Zugang zur Bibel zu eröffnen und den Menschen die Luthers Theologie zu erschließen.
Konfirmanden verglichen Münstermanns Darstellungen oft mit Comic-Zeichnungen, so der Reformationsbeauftragte. Die Altäre, Kanzeln und Taufen ähnelten „Wimmelbildern“. Die Figuren seien wie in einer Momentaufnahme an den erzählten biblischen Geschichten aktiv beteiligt. Dies sei wichtig vor dem Hintergrund, dass zu Münstermanns Zeiten noch viele Menschen Analphabeten gewesen seien.
Die Fotos in dem neuen Bildband stammen von Tobias Trapp, der seit 25 Jahren als selbständiger Fotograf für Wirtschaft, Dokumentation und Verlagswesen in Oldenburg arbeitet.
Das Buch „Münstermann – Bilder. Ausgewählt und kommentiert von Rolf Schäfer“, Verlag Isensee 2017, erscheint zum Reformationstag (31.10.2017) und ist in allen Buchhandlungen unter der ISBN-Nummer 978-3-7308-1398-0 für 12,90 EUR erhältlich.
Dietmar J. Ponert, Rolf Schäfer: Ludwig Münstermann, Bildhauerkunst des Manierismus im Dienste lutherischer Glaubenslehre, Verlag Schnell und Steiner 2016, Zwei Bände mit zusammen rund 1.000 Seiten, 99 Euro, ISBN: 978-3-7954-3166-2
Bildhauerkunst des Manierismus
Der Bildhauer Ludwig Münstermann gilt als eigenwilligste Künstlerpersönlichkeit unter den Bildhauern des sogenannten nord- und mitteldeutschen Manierismus. Er wurde um 1560 oder 1575 in Hamburg oder Bremen geboren und starb um 1638. Er war von 1599 bis 1638 mit seiner Werkstatt in Hamburg tätig und arbeitete in Stein, Holz und Alabaster, vielleicht auch in Elfenbein und Bernstein. Aus seiner Werkstatt stammen viele religiöse Kunstwerke in Norddeutschland. Dazu gehören die Altäre in Rodenkirchen, Hohenkirchen und Varel. Er gilt als bedeutendster Vertreter des nord- und mitteldeutschen Manierismus. Dieser Kunststil zeichne sich durch übersteigerte, bis zum Grotesken bewegte Figürlichkeit und dramatische Ausdruckskraft aus, erläuterte Schäfer. Münstermanns persönlicher Stil erweist sich als ungewöhnlich und einzigartig.
Der Autor:
Prof. Dr. OKR i.R. Rolf Schäfer, geb. 1931 in Stuttgart, hat Theologie in Tübingen, Göttingen und Zürich studiert und wurde 1961 in Zürich promoviert und 1967 in Tübingen habilitiert. Er war Pfarrer in Württemberg und Oberkirchenrat der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg. Von ihm stammen Veröffentlichungen zur Systematischen Theologie und zur Kirchengeschichte.