Oldenburg (epd). Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg zeigt ab dem 30. Oktober eine Ausstellung des vietnamesisch-amerikanischen Künstlers Tuan Andrew Nguyen über deutsche Kolonialverbrechen in Papua-Neuguinea. Im Zentrum der Schau steht die Geschichte eines rund 16 Meter langen Ausleger-Segelbootes, das sich seit 1904 in Berlin befindet und im Humboldt-Forum zu sehen ist, wie das Edith-Russ-Haus am Donnerstag mitteilte. Das nach seiner Herkunftsinsel «Luf-Boot» benannte Schiff sei untrennbar mit der Gewalt verbunden, die von der kaiserlichen Marine und deutschen Kaufleuten auf die Bevölkerung der damals deutschen Kolonie ausgeübt wurde.
Herz der Ausstellung sei eine virtuelle und um sich selbst drehende Videoinstallation des Bootes, erläuterte ein Sprecher des Museums. Die rund zwei mal 14 Meter große Projektion werde im Obergeschoss zu sehen sein. Hinzu kämen zahlreiche Video-Installationen und rekonstruierte Teile des Bootes, darunter eine Galionsfigur.
Der Historiker Götz Aly habe 2021 in seinem Buch «Das Prachtboot» anhand des Luf-Bootes beschreiben, wie Deutsche Kunstschätze der Südsee raubten, hieß es. Seine Berichte über die Unterwerfung der Insel Luf und die tödlichen Strafexpeditionen der Deutschen hätten eine kulturpolitische Debatte darüber ausgelöst, wie das Boot angemessen im Museum präsentiert werden kann.
Für den Künstler Nguyen sei das Luf-Boot eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, hieß es weiter. Seine Arbeit verbinde die vorherrschende Erzählung des deutschen Kolonialismus und die ausgelöschten Geschichten der Menschen in Papua-Neuguinea. Nach ihrer ersten Station in Oldenburg werde die Ausstellung im Londoner The Showroom und anschließend in The Goldfarb Gallery der York University in Toronto zu sehen sein.
Der Name des Edith-Russ-Hauses für Medienkunst steht selbst in einer Kulturdebatte. Unabhängige Historiker haben jüngst die NS-Vergangenheit der Namensgeberin und Stifterin des Hauses aufgedeckt. Die Oldenburger Journalistin, Pädagogin und private Kunstsammlerin hatte nach 1945 ihre Mitgliedschaft in der NSDAP stets geleugnet. Inzwischen mehren sich die Stimmen, die dem Museum einen neuen Namen geben wollen.