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Hinter uns liegt der Sonntag mit dem Namen „Rogate“ – heißt übersetzt: „Betet!“ Wir sind aufgefordert, zu beten. Beten stellt Kontakt mit Gott her. Beten ist mehr als Reden. Beten ist auch Hören. Beten heißt ebenso, sein Herz vor Gott auszuschütten. Gott alles zu sagen, was auf dem Herzen brennt: Freude und Leid mitteilen, Gott loben und Gott danken, klagen oder bitten. Beim Beten geht es um mich, um andere und um die ganze Welt. Gott ist nahbar und freundlich und sucht die Verbindung. Das wird an vielen Stellen in der Bibel deutlich.

   

Darum kann auch in diesen besonderen Zeiten unser Gebet hilfreich sein. Beate Hirt, die katholische Sendebeauftragte beim Hessischen Rundfunk, betet täglich so:

   

„Guter Gott,

die Corona-Krise macht uns Angst. Solch eine Situation hatten wir noch nie.

Auf der ganzen Welt werden Menschen deswegen krank.

Und noch viel mehr bleiben zu Hause oder auf Abstand zueinander, um sich nicht anzustecken mit dem neuen Virus.

Ich bitte dich: Steh uns bei in dieser Situation.

Sei bei den Kranken und den Risikopatienten und bei allen, die sich um sie kümmern.

Hilf uns, gelassen zu bleiben.

Hilf uns, Solidarität zu zeigen mit denjenigen, die wir jetzt besonders schützen müssen. 

Guter Gott,

lass diese Corona-Krise bald vorübergehen.

Und schenke uns jetzt Mut und Zuversicht.

Amen.“

   

So etwas wie die Corona-Pandemie mit all ihren Folgen haben wir alle bisher noch nicht erlebt. Es geht um unsere Gesundheit, für manche um Leben und Tod. Um Einsamkeit und Gemeinschaftssinn. Um die wirtschaftliche Existenz und große Einschränkungen. Um Trauer und Trost.

   

Darum ist es gut, wenn wir uns gerade jetzt darauf besinnen, dass wir beten können. Und dass wir es dann auch tun: immer wieder beten, für uns selbst und für andere. Denn Beten kann Furcht nehmen und stattdessen Kraft und Liebe geben.

   

Wie aber geht beten? Reichen meine eigenen Worte, die ja oft nichts als unfertige Gedanken sind? Oder bete ich einfach nur das Vaterunser? Wo konzentriere ich mich auf Gott und wie lange dauert das? Viele Menschen sind im Beten nicht mehr geübt. 

   

Es gibt kein Richtig oder Falsch. Wichtig ist, mit Gott in Beziehung zu treten, egal ob jemand glücklich oder enttäuscht, wütend oder traurig ist. Es ist sogar möglich, mit dunklen Gefühlen wie Hass, Rachegedanken und Neid mit Gott in Kontakt zu treten. »Ich darf Gott Vorwürfe machen, ihm alles an den Kopf knallen und um Verwandlung bitten«, hat jemand mal erklärt. Man könne sich darauf verlassen, dass Gott einen besser kenne, als man es selber tue, und mit der ganzen Palette des eigenen Lebens vor ihn treten. Selbst unser Seufzen kann schon ein Gebet sein. Ein Gebet kann kurz sein. Ein Atemzug, ein Stoßseufzer, ein Amen. Das kann schon reichen. 

   

Wichtig ist das bewusste Innehalten, vielleicht einmal am Tag, ganz bewusst und am besten immer zur gleichen Zeit. Und die Annahme, ja, das Grundvertrauen, dass Gott da ist, dass Gott hört. Auch wenn ich es nicht sofort bestätigt bekomme. Gerade dann, wenn mich die Angst oder der Zweifel zu überwältigen drohen.

   

Von Thorsten Latzel, dem Leiter der Evangelischen Akademie Frankfurt, stammt folgendes Gebet – es will eine Einladung sein, der wir gerne folgen dürfen: 

   

"... dass du hörst.

Es gibt Zeiten, Gott,

da weiß ich nicht,

wie du bist, ob du bist,

da ist es nur wichtig,

dass du hörst.  

Darauf hoffe ich,

wenn alles fraglich wird,

wenn die Welt, das Leben, ich selber

auf einmal verrücktspiele:

dass du hörst. 

Dass du hörst

meine Sorgen und Ängste,

meine sprachlosen Klagen

und das Gebet

aller Fremden, Witwen und Waisen dieser Welt.  

Dass du sie hörst,

selbst dann, wenn sie verstummen,

wenn ihr Leid die Sprache verschlägt -

ihnen, anderen, mir.

Du lässt es an dich heran,

wenn niemand es mehr hören kann. 

Weil du sie hörst,

will ich nicht schweigen,

will ich für sie, von ihnen, mit ihnen sprechen

und selbst zum Ohr werden

wie du.                         

Amen.“ 

 

Oberkirchenrat Detlef Mucks-Büker

 

Foto: pixabay.com
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