Hannover/Hamburg (epd). Feierstunde in der Hamburger Clausewitz-Kaserne: Nils Ederberg (57), der bereits seit 2023 als erster liberaler Militärrabbiner der Jüdischen Militärseelsorge für die Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern tätig ist, wird am Dienstag durch Rabbinerin Elisa Klapheck und Militärbundesrabbiner Zsolt Balla offiziell in sein Amt eingeführt. Arbeit bei der Bundeswehr ist nach Ederbergs Ansicht Dienst an der Gesellschaft insgesamt, den er auch als Rabbiner gerne tue. Die Soldatinnen und Soldaten dürften ihm ihre Sorgen und Nöte schildern, dazu müssten sie keine Juden sein, sagte Ederberg im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
«Auch wer beispielsweise Katholik ist, darf zum Militärrabbiner gehen. Umgekehrt dürfen jüdische Soldatinnen und Soldaten zum katholischen Priester gehen», sagte Ederberg, dessen Büro sich in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg befindet, der aber beruflich im ganzen Norden unterwegs ist. Atheisten seien ebenfalls willkommen.
Zu den Menschen zu gehen, mache den Hauptteil seiner Arbeit aus, zumal die Militärrabbiner sich erst einmal überall bekannt machen müssten, sagte der Rabbiner. Denn das Militärrabbinat gebe erst seit 2021. Aktuell arbeiten in Deutschland sechs Militärrabbiner, zehn sollen es werden. In Hamburg sind es zwei, Ederberg ist der liberale, sein Kollege Shmuel Havlin der orthodoxe Militärrabbiner. Als Wochenend-Pendler fährt Ederberg an freien Tagen nach Berlin zu seiner Familie.
Aus den Besuchen an den 53 Standorten im Norden ergäben sich danach immer wieder Anfragen, sagte Ederberg - wie ewa die Bitte, an einem Standort den sogenannten «Lebenskundlichen Unterricht» anzubieten. «Das sind religionsneutrale Unterrichte zu ethischen und moralischen Themen, die von zwei Stunden bis zu dreitägigen Seminaren dauern können.»
Die Themen, über die Soldatinnen und Soldaten mit Ederberg sprechen, sind vielfältig. «Viele sprechen über klassische Lebenssituationen, die belastend sind. Krankheit und Tod innerhalb der Familie beispielsweise, aber auch eigene Lebensprobleme.» Jüngere Leute berichteten eher über Liebeskummer oder finanzielle Sorgen.
Auch politische Themen beschäftigten die Soldatinnen und Soldaten existenziell. Dazu gehörten etwa die Kriegssituation in Europa, der Krieg im Nahen Osten und die Fragen, was mit ihnen passieren werde, wenn die Amerikaner Europa im Stich ließen. Zudem komme die Ausbildung ukrainischer Soldaten durch die Bundeswehr zur Sprache: «Für unsere Ausbilder gehört es zu den belastendsten Elementen, Gruppen von Ukrainern auszubilden, die dann jeweils direkt in den Kampf an die Front ziehen.» Auch das Leiden der ukrainischen Zivil- und Militärbevölkerung sei in den Gesprächen ein Thema.
«Natürlich können wir als Seelsorgerinnen und Seelsorger kein Abrakadabra machen und dann ist alles gut», sagte Ederberg. Die Militärrabbiner könnten aber ein Gesprächsangebot machen, «wo Menschen das, was durch ihr Herz, durch ihren Kopf geht, jemandem sagen können». Zuhören sei wichtig, und meist erhalte Ederberg danach die Antwort: «Das hat mir geholfen.»