Der Flensburger Uwe Appold leitete in einem Workshop an, die Schöpfungsgeschichte umzusetzen, angelehnt an die Aussage des Hungertuchs - ein Kunstwerk, das er in diesem Jahr gestaltet hat. Der Künstler hat mit Erde aus Jerusalem gearbeitet, die den goldenen Ring und das „gemeinsame Haus“ mit der offenen Tür trägt: Im Zentrum steht die Zusage Gottes, dass seine Liebe besonders die Ausgegrenzten mitten hinein holt.
„Das war sehr schön, und für mich besonders, dass ich diesen Workshop mit dem Künstler des Hungertuchs anbieten konnte“, sagte Pfarrerin Kerstin Hochartz begeistert. „Hungertücher werden immer von internationalen Künstler gefertigt, die man sonst überhaupt nicht greifen oder kennenlernen kann, weil sie in der Welt verteilt sind. Als ich in der Ankündigung von Misereor las, dass er zur Verfügung steht, hatte er tatsächlich ein Fenster frei.“ Für die Leiterin der Arbeitsstelle Religionspädagogik war es „sehr beeindruckend zu sehen, wie emotional und wunderbar es hier zugegangen ist.“ Uwe Appold habe als Pädagoge die Arbeiten super angeleitet und begleitet.
Der Kreativ-Workshop „Mensch - wo bist du?“ begeisterte die teilnehmenden Oldenburger Lehrerinnen aus dem Bereich Religionspädagogik nicht weniger. Sie ließen am vergangenen Montag und Dienstag, 11. und 12. November, in dem Atelier „Konfetti“ in Brake ihrer Fantasie und den Emotionen freien Lauf. Das Ergebnis, sechs gemalte und gestaltete Bilder, ist beeindruckend.
Nach einer Einführung in Formen- und Farblehre, in Symbolik, Aufbau der Komposition des Fastentuches begleitete Uwe Appold die Frauen bei ihren Arbeiten und gab viele Tipps. Er war ausgesprochen zufrieden: „Diese Arbeit war sehr fruchtbar. Am ersten Tag ging es darum, sich dem Thema zu nähern, wo stehe ich, was ist meine Position? Das war sehr persönlich, auch deshalb, weil die Frauen Erden mitgebracht hatten, die mit der eigenen Vita zu tun haben.“
Appold weiß: „Wenn das mit hineinspielt, braucht es schon sehr viel Vertrauen, dass solche Arbeiten, wie wir sie hier sehen, entstehen können.“ Der Künstler lobte die Lehrerinnen, die ja ständig nur auf andere ausgerichtet seien, aber hier einmal etwas für sich selber machen konnten. Die Erkenntnisse daraus nahmen die Lehrkräfte wiederum für ihren Alltag mit.
Tradition des Hungertuchs
Uwe Appold ist Diplom-Designer, Bildhauer und Maler, geboren in Wilhelmshaven, lebt er in der Nähe von Flensburg. An dem Hungertuch hat er ein halbes Jahr gearbeitet. Großformatige Nachbildungen seien inzwischen in fast allen katholischen Kirchen zu sehen. Alle zwei Jahre wird diese Aufgabe von Misereor an einen Künstler vergeben. Das Bischöfliche Hilfswerk Misereor e. V. ist eines der größten Hilfswerke der römisch-katholischen Kirche in Deutschland mit Sitz in Aachen.
Die Tradition des Hungertuchs, auch Fastentuchs, sind etwa 1.000 Jahre alt. Traditionsgemäß sind alle Bilder und Skulpturen mit Tüchern angehängt worden, um sich auf dem Passionsgeschehen zuzuwenden. Dazu wurden Fastentücher hergestellt und sich ganz auf das Leben Jesu konzentriert.
Durch die Reformation zum Stillstand gekommen, sei im Jahr 1976 die Aktion von Misereor wieder aufgenommen worden, alle zwei Jahre werde ein neues Fastentuch kreiert, berichtet Appold.
„Jahrzehnte kamen die Künstler aus Südamerika, Indien und anderen Ländern, die wir lange als dritte Welt bezeichnet haben.“ Appold ist der zweite Künstler aus Deutschland, der jetzt das Hungertuch für die Jahre 2019/20 gestaltet hat. „Dafür kann man sich nicht bewerben“, weiß er, Misereor sei durch seine Arbeiten auf ihn aufmerksam geworden.
Als die Anfrage kam, habe er sich erinnert, 2015 mit großem Interesse die Enzyklika von Papst Franziskus gelesen zu haben, die auch als Umwelt-Enzyklika bekannt wurde. „Dort spricht man von einem gemeinsamen Haus - eine unglaubliche Botschaft, die davon handelt, dass wir verpflichtet sind, die Menschen vom Rand der Gesellschaft in die Mitte zu holen. Ein tiefes christliches Anliegen, das ich voll unterstütze.“
Hungertuch mit Erde aus Jerusalem
Für das Motiv des Hungertuches in der Größe von 1,80 x 3 Meter habe er unter anderem Erde aus dem Garten Gethsemane in Jerusalem verarbeitet. „Das hängt damit zusammen, dass dieser Ort besonders ist.“ Es ginge darum, dass sich der Begriff Heimat in der letzten Zeit sehr verändert habe, resümiert Appold. „Fanziskus spricht aber von Gastfreundschaft, den Geflüchteten gegenüber und das ist die Thematik im Fastentuch.“
Erde sei wichtig, weil damit die Verbindung von Mutterboden, Vaterland und zu Hause sein zustande käme und damit auch der Begriff Heimat.
Gemeinsam mit Misereor seien 50 Workshops für die Jahre 2019 und 2020 geplant. „Und es geht darum, die Botschaft unter die teilnehmen Menschen aller Gruppen zu bringen.“ Gearbeitet habe Appold bisher mit Kindergärten, Demenzkranken, mit Senioren und Jugendlichen – die sich gegenseitig ihre Geschichten erzählen, um Respekt voreinander zu erfahren, denn alles sei voll mit Vorurteilen.
Bei der Abschlussrunde besprachen die Teilnehmerinnen ihre gefertigten Bilder im Einzelnen mit dem Experten. Sprachen über Bedeutung und tiefe Emotionen. Die Teilnehmerinnen nahmen ihre Arbeiten zufrieden mit nach Hause. Ab Februar 2020 werden die Bilder auf dem Flur der Arbeitsstelle für Religionspädagogik in Oldenburg ausgestellt.
Für Pfarrerin Kerstin Hochartz war diese Lokation des Ateliers „Konfetti“ der richtige Raum für diesen Workshop: „Das wir diese Räumlichkeiten nutzen durften, war schon besonders.“ Sie leitet die Arbeitsstelle für Religionspädagogik (arp), eine Einrichtung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, zuständig für Fortbildungen, Beratungen und Medien im Bereich Religionsunterricht.
Eine Beitrag von Bärbel Romey.