Ja, es gibt einen Weg, die Gewalt hinter sich zu lassen. Diese Erfahrung machen Frauen und ihre Kinder seit einem Jahr im Frauenhaus der Landkreise Ammerland und Wesermarsch, das vom Diakonischen Werk Oldenburger Land betrieben wird. Seit dem 1. Juli 2020 finden Frauen und ihre Kinder dort Schutz vor Gewalt. Seitdem konnten bereits mehr als 70 Frauen und 70 Kinder aufgenommen werden.
„Wenn die Frauen zu uns kommen, sind Sie sehr aufgewühlt“, berichtet die Leiterin der Einrichtung. Die erste Kontaktaufnahme findet immer telefonisch oder durch die direkte Zuweisung der Frau durch die Polizei statt. „In dem Telefongespräch wird zunächst die Gefahrenlage abgeklärt und besprochen, wie und wann die Frauen und Kinder in das Frauen- und Kinderschutzhaus gelangen können“, erklärt sie die Aufnahmeprozedur. In der ersten Zeit im Frauenhaus kann das Team immer wieder erleben, wie bei den Frauen und Kindern langsam das Lachen zurückkehrt. „Oft haben diese Frauen alles aufgegeben. Und sie wagen den Neuanfang. Natürlich ist es ein langer und schwieriger Weg aber im Frauenhaus können sie die ersten Schritte begleitet gehen“, erzählt die Leiterin des Frauenhauses.
Die Frauen sind sehr dankbar für die Hilfe. „Hier komme ich zum ersten Mal zur Ruhe.“ „Noch nie hat sich jemand so für mich eingesetzt.“ So schildern die Frauen, wie sie die Unterstützung im Frauenhaus erleben. Die Hilfe endet aber nicht mit dem Auszug. „Uns ist auch die Nachbetreuung wichtig, damit die Frauen ihren Weg weitergehen können“, sagt die Leiterin des Frauenhauses. Viele Frauen seien im Frauenhaus erstmals für ihre eigenen Finanzen verantwortlich. Eine große Umstellung, für die Betroffenen.
Unter den Bewohnerinnen gibt es einen konstanten großen Anteil von sehr jungen Frauen und Frauen bis zu 30 Jahren. Die Frauen kommen nicht nur aus den Landkreisen Ammerland und Wesermarsch und der Umgebung, sondern teilweise aus ganz Deutschland. „Die Gefährdungslage macht es oft notwendig, die Frauen nicht in der Nähe ihres Wohnortes unterzubringen“, erläutert die Leiterin des Frauenhauses.
Das Frauenhaus ist seit seiner Eröffnung voll belegt. Deshalb konnten auch schon Frauen nicht aufgenommen werden. „Der Bedarf an Plätzen in Frauenhäusern ist groß“, betont Franz-Josef Franke, Leiter Gemeinwesenorientierte Diakonie. Es sei eine wichtige Aufgabe, den Frauen die notwendigen Schutzräume vor jeder Form von Gewalt zu bieten. Denn häusliche Gewalt kommt häufig in Mischformen vor, die Aspekte sowohl psychischer, physischer, sexualisierter, sozialer oder auch ökonomischer Gewalt enthalten.
Um diese Erfahrungen zu überwinden spielt die Beratung durch die vier Sozialpädagoginnen in der Einrichtung eine große Rolle. Auch die Unterstützung bei der Stellung von Anträgen und die Zusammenarbeit mit Opferschutzinstitutionen, Ärzten, Gerichten, Polizei, Kitas, ist wichtig. „Zusätzlich finden in unserem Haus spezifische Angebote für Kinder statt und auch eine Anleitung in hauswirtschaftlichen Belangen. Letztendlich ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“ aber eine wichtige Grundlage der Arbeit, um gemeinsam mit den Frauen eine tragfähige Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben zu erarbeiten“, fasst es die Leiterin des Frauenhauses zusammen.
Eine besondere Herausforderung sind dabei Sprachbarrieren. Viele Frauen mit Migrationshintergrund, die Hilfe suchten, verfügten über keine oder nur sehr geringe deutsche oder englische Sprachkenntnisse. Die Kommunikation zur Hilfe gestaltete sich daher als besonders schwierig. In einigen Fällen erfolgte die Verständigung mit Hilfe von Übersetzungsprogrammen am PC, in anderen Situationen war es möglich den Sprachmittler-Pool des Landkreises in Anspruch zu nehmen oder andere Dolmetscher.
Info Frauenhaus
Das Frauen- und Kinderschutzhaus bietet zwölf Wohneinheiten. Diese sind unterschiedlich mit Räumen und Schlafmöglichkeiten ausgestattet. Insgesamt bietet das Frauen- und Kinderschutzhaus fest installierte Schlafmöglichkeiten für zwölf Frauen und bis zu 21 Kinder und Jugendliche. Über den Tag verteilt sind vier Mitarbeiterinnen für die Frauen da. Sie werden ergänzt durch zwei Pädagoginnen für die Kinder, eine Verwaltungs- und eine Hauswirtschaftskraft jeweils in Teilzeit. Auch nachts und an Feiertagen und Wochenenden ist immer eine Mitarbeiterin vor Ort.
Das Frauenhaus ist rund um die Uhr unter Tel.: 0441 - 21 00 14 95 erreichbar. Auf der Internetseite finden Betroffene Hinweise, wie sie sich vorbereiten können und wo sie weitere Unterstützung bekommen können: www.frauenhaus-diakonie.de