Zum Hauptinhalt springen

Albert Schweitzer hat es erlebt, Angela Merkel ebenso wie Hermann Hesse oder Gudrun Ensslin: das Leben im Pfarrhaus. Was bedeutet es eigentlich? Wie prägt es die Kindheit, den Alltag? Ist es Enge oder Offenheit, Nächstenliebe oder Intoleranz? Das Leben im Pfarrhaus ist von allem etwas, hat seine Licht- und Schattenseiten und übt bis heute eine besondere Faszination aus. Die Ausstellung „Leben nach Luther. Eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses“ beleuchtet diesen ganz besonderen Mikrokosmos unter verschiedenen Aspekten.

 

Zu sehen ist sie bis zum 21. November in der Landesbibliothek Oldenburg. Am Donnerstag, 8. Oktober, um 19 Uhr werden Bischof Jan Janssen, Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Kirchenpräsidentin Edda Bosse von der Bremischen Evangelischen Kirche und Corinna Roeder, Direktorin der Landesbibliothek, die Ausstellung eröffnen. Die Bremer Kulturwissenschaftlerin Dr. Andrea Hauser erklärt in ihrem Impulsvortrag die Selbst- und Fremdbilder des Lebens im Pfarrhaus im Wandel. Der Eintritt ist frei.

Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Pfarrhaus zum Inbegriff des gelehrten, bürgerlich-christlichen Lebensideals. Hier lebte der Pfarrer mit seiner Frau und der Kinderschar, hier wurde gelesen und musiziert – ein Bild, das bis heute in vielen Köpfen verankert ist, auch wenn sich die Realität längst gewandelt hat. In den evangelischen Pfarrhäusern wohnen Pfarrer mit ihrem Lebensgefährten, Pfarrerinnen als Single, junge kinderlose Paare und Familien mit vier und mehr Kindern. Die Vielschichtigkeit unserer Gesellschaft spiegelt sich auch hier.

Konzipiert vom Deutschen Historischen Museum in Berlin gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland geht die Wanderausstellung bis 2017 im Rahmen der Lutherdekade auf Reisen. Nach der Eröffnung in Berlin und Stationen unter anderem in Dresden, Braunschweig und Speyer setzt die Präsentation in Oldenburg auch auf den regionalen Bezug: Die Fotografin Sigrid Sternebeck hat dafür Pfarrhäuser im Bereich der oldenburgischen und der bremischen Kirche besucht; in ihren Bildern fängt sie den sehr individuellen Charakter der einzelnen Gebäude und ihres „Innenlebens“ ein.

 

Exponate aus Pfarrhäusern und die Geschichten dahinter geben sehr persönliche, teils lustige, teils nachdenkliche Einblicke in den Alltag im Pfarrhaus. Flankiert wird die Ausstellung von mehreren Sonderveranstaltungen in Oldenburg und Bremen, darunter das Erzählcafé „Aufwachsen im Pfarrhaus – Erwachsene Pfarrkinder erzählen“ (Samstag, 8. November), in dem das Leben an diesem ganz besonderen Ort greifbar und lebendig wird.

Neben diesem speziellen Zuschnitt auf die regionalen Gegebenheiten ordnet die Ausstellung das Pfarrhaus in die jeweiligen historischen und politischen Epochen ein. Kostbare Bücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert, Amtstrachten im Spiegel der Zeit, Alltagsgegenstände und Porträts aus fünf Jahrhunderten verdeutlichen den Wandel des Pfarrhauses in der Gesellschaft. Fotos, Ton- und Filmdokumente aus dem 20. Jahrhundert zeigen das Pfarrhaus im totalitären System – zunächst in der Zeit des Nationalsozialismus, später in der DDR.

 

Mehr Informationen zu Öffnungszeiten und Veranstaltungen innerhalb der Ausstellung unter www.akademie-oldenburg.de und www.lb-oldenburg.de, weitere Informationen zum Ausstellungsinhalt unter www.dhm.de.

 

Szene aus dem Pfarrhaus der Lukasgemeinde in Oldenburg.
Pfarrer Thomas Cziepluch auf dem Weg in sein Pfarrhaus in Bümmerstede.
Das Pfarrhaus in Warfleth-Berne.
Szene aus dem PFarrhaus in Bremen-Farge. Fotos: Sigrid Sternebeck