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Bremen (epd). Der Bremer Parteienforscher Lothar Probst warnt mit Blick auf die Proteste gegen die Klimapolitik vor einem mechanischen Verständnis von Politik. «Wer glaubt, dass Politik kraft ihrer Autorität nur die richtigen Hebel umlegen muss, um die von der Wissenschaft als notwendig erachteten Ergebnisse zu erzielen, übersieht die Natur politischer Prozesse und die unterschiedlichen Rollen von Politik und Wissenschaft», schreibt Probst in einem Beitrag für den Bremer «Kurier am Sonntag». Politik mit der Brechstange könne in ein autoritäres System münden, mahnt der emeritierte Professor.

 

Wissenschaftler könnten ihre Erkenntnisse mitteilen, Alarm schlagen und die Politik beraten, aber sie könnten nicht die Rolle von gewählten und politisch legitimierten Parteien übernehmen, erläutert der Politikwissenschaftler. Parteien müssten in der Demokratie die Öffentlichkeit von der Richtigkeit ihrer Politik überzeugen und Mehrheiten für politische Entscheidungen gewinnen. «Das ist in einer fragmentierten, durch unterschiedliche Interessen geprägten Gesellschaft ein schwieriges Unterfangen.»

 

Parteien seien deshalb gut beraten, ihre Politik nicht mit der Brechstange gegen und ohne die Gesellschaft durchzusetzen. Wenn der politische Entscheidungsprozess dem Diktat des wissenschaftlich Notwendigen unterworfen werde, bestehe die Gefahr, dass die Politik autoritär werde. «Und zwar im doppelten Sinne, denn der Ruf nach radikalen Veränderungen ruft auch radikale Gegenbewegungen aus», führt Probst aus.

 

Gleichwohl verfüge die Politik über mehr Handlungsspielräume als sie gegenwärtig wahrnehme. Die Politik müsse eine Führungsrolle übernehmen und eine klimafreundliche Politik unter anderem durch geeignete institutionelle Arrangements stützen. Das könne etwa durch die Einsetzung eines Klimarates geschehen, paritätisch mit Politikern, Bürgern und Experten besetzt. Er könne die Einhaltung der Ziele der Klimakonferenz von Paris überwachen.