Hell strahlt das Licht aus der Stuttgarter Markuskirche. Spät am Samstagabend, um 22 Uhr, sind die Bänke des Gotteshauses gut besetzt. Vor allem ältere Kirchentagsbesucherinnen und Kirchentagsbesucher haben sich zu einem politischen Nachtgebet in jener Kirche versammelt, in der 1945 das Stuttgarter Schuldbekenntnis entstand. Renate Höppner, Pastorin aus Magdeburg, weist in ihrer Begrüßung eigens darauf hin.
Anschließend stehen Fluchtgeschichten im Mittelpunkt. Höppner, ihre Tochter Miriam und der Oldenburger Bischof Jan Janssen erinnern an Menschen, die in Europa Zuflucht suchten. Janssen berichtet von der Begegnung mit dem 95-jährigen Artur, den es von Lodz über Warschau nach Wilhelmshaven verschlagen hatte, und der sich sein ganzes Leben über für Flüchtlinge einsetzte. Die Bibel ist ein Buch voller Flucht und Vertreibungsgeschichten, sagte Janssen.
Dann tritt eine junge Frau ans Rednerpult. Ist das die Tochter?, raunt eine deutlich ältere Gottesdienstbesucherin durchaus vernehmbar ihrer Nachbarin zu. Familie Höppner hat Kirchentagsgeschichte geschrieben, und der Gedanke an den verstorbenen Kirchentagspräsidenten Reinhard Höppner ist auch an diesem Abend in der Kirche allgegenwärtig.
Die Sozialwissenschaftlerin Miriam Höppner berichtet über die grausame Dublin-Bürokratie und die Alltagsprobleme von Flüchtlingen. Ich bin kein Flüchtling. Was kann ich sagen?, sagt Höppner. Ich kann zuhören. Zuhören, wie geflüchtete sprechen.
Schließlich die Fürbitten für Menschen auf der Flucht und ihre Unterstützer. Dann spricht Bischof Janssen den Segen. Noch einmal spielt die Orgel, und die Menschen gehen hinaus in die Nacht. Nachdenklich und still, stiller vielleicht als sonst bei einem Kirchentag.
Hier finden Sie weitere Informationen zum Angebot der Kirchen aus dem Nordwesten auf dem Stuttgarter Kirchentag.