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Frankfurt a.M./Braunschweig (epd). Debatten über die Erderwärmung als globale Krise und die Probleme bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt als innerkirchliches Konfliktthema haben am Samstag den 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt am Main geprägt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich gegen ein Vorziehen des deutschen Kohleausstiegs aus. Für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) kündigte der Braunschweiger Landesbischof Christoph Meyns als Sprecher des Beauftragtenrats an, im Herbst über die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Missbrauchsbetroffenen zu beraten.

 

 

 

Merkel sagte zum Kohleausstieg spätestens 2038, die von den Beschlüssen betroffenen Menschen bräuchten «schon ein Stück Verlässlichkeit auf dem Weg hin zu Klimaneutralität». «Ich möchte nicht nach einem Jahr das jetzt alles wieder aufschnüren», sagte die Kanzlerin bei einem vorab aufgezeichneten Podium. Die «Fridays for Future»-Klimaaktivistin Luisa Neubauer sagte, die Bundesregierung habe über Jahrzehnte hinweg den Klimaschutz nicht nur verschlafen, sondern ihn blockiert und damit die Klimakrise vorangetrieben

 

 

 

Die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock verlangte Marktregeln und eine Förderpolitik, die erneuerbaren Energien den Vorrang gibt. Derzeit würden fossile Energien mit Milliarden subventioniert, erneuerbare Energien hätten keine Chance, sagte Baerbock bei einer anderen Veranstaltung des Kirchentages, die wie die meisten wegen der Corona-Pandemie aufgezeichnet worden war und seit Samstag abrufbar ist.

 

 

 

CDU-Chef Armin Laschet sagte, mit seinem Klima-Urteil Ende April habe das Bundesverfassungsgericht «uns ins Stammbuch geschrieben, dass wir nicht nur im Jetzt leben können», sondern auch künftige Generationen in den Blick genommen werden müssten. Wichtig sei im Kampf gegen die Erderwärmung die internationale Zusammenarbeit, sagte der Kanzlerkandidat der Union in einem ebenfalls vorab aufgezeichneten Interview.

 

 

 

Der am Donnerstag eröffnete 3. Ökumenische Kirchentag steht unter dem Leitwort «schaut hin». Aufgrund der Corona-Pandemie findet das Laienfest von Protestanten und Katholiken mit rund 100 Veranstaltungen digital und dezentral weitgehend ohne Publikum vor Ort statt. Der Kirchentag geht am Sonntag mit einem Schlussgottesdienst am Frankfurter Mainufer zu Ende.

 

 

 

Die Pädagogin und Religionswissenschaftlerin Katharina Kracht warf der EKD bei der Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt Machtmissbrauch vor. Die einseitige Auflösung des Betroffenenbeirats der EKD am vergangenen Montag sei «absolut fatal», sagte Kracht, die selbst Missbrauch in der Kirche erlebt hat, am Samstag bei einer Live-Veranstaltung.

 

 

 

Die EKD hatte am Montag das vorläufige Aus des Betroffenenbeirats bekanntgegeben. Die Konzeption sei gescheitert, hieß es. Grund sind demnach Rücktritte aus dem Gremium, interne Konflikte und Dissens zwischen dem Betroffenenbeirat und dem Gegenüber auf EKD-Seite, dem Beauftragtenrat, über das weitere Vorgehen.

 

 

 

Kracht, die selbst Mitglied im Betroffenenbeirat gewesen ist, wies die Darstellung der EKD zurück. Die EKD habe das Gremium einseitig aufgelöst - gegen das Votum der Mehrheit der im Betroffenenbeirat verbliebenen Mitglieder. Der Braunschweiger Landesbischof Meyns räumte bei einer anderen Live-Veranstaltung des Kirchentags ein, dass es ein strukturelles Gefälle gebe zwischen den Betroffenen und der Institution Kirche. Der Beirat sei als Teil der Institution gegründet worden, sagte Meyns.

 

 

 

Der Trierer katholische Bischof Stephan Ackermann sprach von einer «hoch anspruchsvollen Aufgabe» in Bezug auf die Arbeit in kirchlichen Betroffenenbeiräten. Ackermann ist Missbrauchsbeauftragter für die katholische Deutsche Bischofskonferenz. In diesen Gremien träfen Menschen mit unterschiedlichen Geschichten, Verletzungen und Kirchenerfahrungen aufeinander, die zu einer gemeinsamen Linie finden müssten.

 

 

 

Bei einer Festveranstaltung des Kirchentags am Freitagabend hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von einer «quälend langsamen Aufdeckung und Aufarbeitung» der Missbrauchsfällen in den Kirchen gesprochen. Die «Verbrechen an den Schwächsten unter uns, an Kindern und Jugendlichen» seien in den Kirchen lange Zeit vergessen oder verschwiegen worden.