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Bremen/Leer (epd). Beten kann nach Auffassung des evangelisch-reformierten Kirchenpräsidenten Martin Heimbucher eine revolutionäre Wirkung entfalten und die Welt verändern. Das Gebet sei der entscheidende Beitrag der Kirche zum Erhalt von Frieden und Recht, sagte Heimbucher in Bremen bei einer internationalen Tagung zur gesellschaftspolitischen Gestaltungskraft der Kirchen. Genauer gehe es um die Fürbitte für alle, die politisch Verantwortung tragen für Regierende und Regierte, verdeutlichte Heimbucher.

Er zitierte den evangelisch-reformierten Theologen Karl Barth (1886-1968): "Die Hände zum Gebet falten ist der Anfang der Auflehnung gegen die Unordnung der Welt." Er erinnerte zudem an die Worte eines hohen Stasi-Offiziers aus Leipzig, der nach der friedlichen Revolution in der DDR gesagt hatte, auf alles seien sie vorbereitet gewesen, "nur nicht auf Kerzen und Gebete".

Heimbucher betonte aber auch die Verpflichtung der Kirchen, wachsam auf gesellschaftliche Entwicklungen zu reagieren, beispielsweise im Blick auf rechtspopulistische und rechtsextreme Positionen: "Jeder politisch motivierte Kult um ein Volk, der einhergeht mit der Ablehnung, Abwertung und Ausschließung anderer, steht im klaren Gegensatz zur Botschaft der Bibel."

Im Engagement für Flüchtlinge könnten die Kirchen Verantwortung übernehmen und ökumenische Verbundenheit zeigen, sagte Heimbucher weiter. "Wenn es darauf ankommt, die Würde der zu uns geflüchteten Menschen gegen Anfeindungen, Gefährdungen und Unrecht zu verteidigen, sind wir über den Horizont der eigenen Konfession und des eigenen Landes hinaus zum gemeinsamen Bekenntnis gefordert."

Grundsätzlich erkenne die Kirche zwar den Auftrag und die eigene Würde des Staates an. Aber Christen seien "alles andere als blinde Gefolgsleute und Claqueure der Politik". Heimbucher äußerte sich im Rahmen eines Vortrages zur Barmer Theologischen Erklärung von 1934, die zum größten Teil aus der Feder von Karl Barth stammt. Der Schweizer gilt als einer der bedeutendsten evangelischen Theologen des 20. Jahrhunderts.

1934 wurde Barth von den Nationalsozialisten mit einem Lehrverbot belegt und im Folgejahr aus Deutschland vertrieben. Von der Schweiz aus, wo er von 1935 bis 1962 ordentlicher Professor für Systematische Theologie an der Universität seiner Geburtsstadt Basel war, setzte er sich für verfolgte Juden ein und befürwortete den bewaffneten Widerstand gegen Hitler.