Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Sande schließt einen ihrer beiden Standorte. Spätestens Ende 2027 soll in der Christuskirche im Sander Ortsteil Cäciliengroden der letzte Gottesdienst stattfinden. Das hat der Gemeindekirchenrat so beschlossen, der Beschluss wurde am Donnerstagabend, 26. September, der Öffentlichkeit vorgestellt.
Grund ist die anhaltend marode finanzielle Situation, immer weniger Einnahmen stehen immer höheren Ausgaben gegenüber. Ohne Einschreiten wäre die Gemeinde 2025 bereits pleite. Sande ist damit die erste Kirchengemeinde im Kirchenkreis Friesland-Wilhelmshaven, die einen Standort schließt. Neben der kompletten Schließung in Cäci sollen auch im Hauptortort Sande starke Kürzungen vorgenommen werden, hier sollen die Flächen im Gemeindehaus verkleinert werden, es soll unter anderem Wohnraum abgetrennt werden.
„Der Verlust des Gemeindehauses und der Kirche ist für Cäciliengroden ganz furchtbar“, sagte Pastor Jörg Zimmermann, seine persönliche Betroffenheit war deutlich sprübar. Das Gemeindezentrum ist ein wichtiger sozialer Treffpunkt. Vor zehn Jahren noch hatte man das 50-jährige Jubiläum der Christuskirche in Cäciliengroden ganz groß gefeiert, im kommenden Jahr wird das Gemeindezentrum „Die Brücke“ 35 Jahre alt. Das Gebäude war damals mit Hilfe zahlreicher Sponsorengelder errichtet worden, davon zeugen noch heute Namenzüge im Klinkerwerk. Nun soll das gesamte Ensemble samt Pfarrhaus geschlossen werden. Das ließe sich nur abwenden, wenn bis Ende 2022 feststeht, wie sich dauerhaft zusätzlich namhafte Einnahmen generieren ließen.
Mit der Schließung des Standortes in Cäciliengoden ist es allerdings nicht getan, vielmehr soll auch das Gemeindehaus in Sande deutlich kleiner werden. Insgesamt soll sich die Fläche in Gemeindehäusern von rund 1.300 Quadratmeter auf 500 Quadratmeter verringern. Beim Personal, betroffen sind sechs Köpfe, soll es keine Entlassungen geben, allerdings werden bei Renteneintritt auch nicht alle Stellen im bisherigen Umfang nachbesetzt. Nicht betroffen sind hier die Pastoren, deren Gehalt direkt von Oldenburg aus gezahlt wird, sowie die Kindertagesstätte und der Friedhof, die über gesonderte Haushalte laufen und die sich selber tragen müssen.
Die Misere wurde schon seit langem deutlich. In der Kirchengemeinde stehen immer weniger Einnahmen immer höheren Aufwendungen gegenüber. Grund ist der demografische Wandel aber auch eine wachsende Zahl an Kirchenaustritten, was zu weniger Mitgliedern (und schwindenden Kirchensteuermitteln) führt. Andererseits wurde vor wenigen Jahren der Schlüssel für die Zuweisungen aus Kirchensteuermitteln verändert: wurden früher Mitgliederzahlen und Gebäude in Anrechnung gebracht, so sind es heute nur noch die Mitglieder. Knapp 3.500 Mitglieder hat die Gemeinde Sande noch, 80 bis 100 Menschen gehen derzeit Jahr für Jahr verloren. Bislang wurden die Rücklagen „angeknabbert“ um die Finanzlöcher zu stopfen, doch die sind bald erschöpft.
Vor zwei Jahren wurde deshalb ein Strukturausschuss gebildet, um die Situation in den Griff zu bekommen. In ähnlich prekärer Situation befindet sich die Kirchengemeinde Wilhelmshaven-Bant. Vom Oberkirchenrat in Oldenburg wurden die beiden Gemeinden in ein Pilotprojekt zur Erarbeitung eines Haushaltssicherungskonzepts aufgenommen. Den Gemeinden wurden externe Berater aus anderen Landeskirchen an die Seite gestellt. In Bant dauern die Planungen noch an, dort sei frühestens im ersten Quartal 2020 mit einer Beteiligung der Öffentlichkeit zu rechnen, sagte Pastor Frank Moritz auf Nachfrage.
Inwieweit die Maßnahmen in Sande, die vom Gemeindekirchenrat schon beschlossene Sache sind, zum Ziel führen, ist allerdings noch völlig ungewiss. Zimmermann will verstärkt um Kircheneintritte werben, wodurch auch die Zuweisungen wieder ansteigen würden.
Zahlen und Fakten
Rund 124.000 Euro hat die Gemeinde Sande an Zuweisungen von der Ev.-Kirche in Oldenburg erhalten. Der Haushaltsbedarf liegt allerdings bei 132.000 Euro und wird bis 2030 auf geschätzt 184.000 Euro steigen. Rund 100.000 Euro werden derzeit allein für Personal benötigt. Der aktuelle Stand der Rücklagen wurde mit 234.000 Euro beziffert. Pro Person erhält die Gemeinde 25,57 Euro als Anteil der Kirchensteuer.
Annette Kellin