Viele wissen, wo in Wildeshausen die Kirche stehen, nicht ganz so viele besuchen sie und nicht alle wissen, was Kirche denn so ganz konkret macht. Begleitet von ihrer Schulpfarrerin Sabine Arnold und ihren Lehrern Christine Käter, Bernhard Zahn und Christoph Pauli trafen sich am Samstag 40 Schülerinnen und Schüler des Fachgymnasiums, um dieser Frage nachzuspüren. Geladen waren Seelsorger aus den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern der Kirche, die Workshops für die Fachgymnasiasten anboten.
Sitze hier in meiner Zelle / Komm mir leidend und einsam vor / Manch Beamter rückt mir auf die Pelle / Kaum jemand hat ein offenes Ohr
Pastoralreferentin Josefine May informierte über ihre Tätigkeit in der Frauenjustizvollzugsanstalt Vechta. Sie zeigte anhand von Berichten und Liedern von Insassen auf, dass die einsitzenden Frauen während ihrer Haftstrafe seelsorgerische Begleitung nötig haben, um das Schockerlebnis Gefängnis, die eigene Schuld, Zukunftsangst und die Einsamkeit im Gefängnis verarbeiten und sich selbst als Person annehmen und lieben zu können.
Gestern wollte ich den Urlaub / Es wurde wieder abgelehnt / Und als ich nach der Einkaufsliste fragte / Sagte man, es sei zu spät
In seinen Afghanistan-Einsatz nahm Pfarrer Andreas Wittkopf (Schwanewede) die Schülerinnen und Schüler mittels eines Bildvortrags mit. Er zeigte eindringlich den Arbeitsalltag eines Militärseelsorgers im Krieg auf, der jenseits konfessioneller Schranken ein Gesprächspartner für alle Soldaten ist, um ihnen zu helfen, die oftmals existentiellen Erfahrungen des Einsatzes zu verarbeiten. Aber auch in der Heimat ist er ein vielbesuchter Mann, bietet er doch einen geschützten Gesprächsraum innerhalb der Bundeswehr, wo selbst Themen wie die nachträgliche Kriegsdienstverweigerung als Zeitsoldat offen besprochen werden können.
Hinter diesen kalten Mauern / Kann ein jeder nur erschauern / Harte Regeln und ein eisiger Kern / Niemand hat den anderen gern
Pfarrer Dr. Oliver Dürr (Molbergen/Cloppenburg) verwandelte seinen Klassenraum in eine Unfallstelle und informierte die Schülerinnen und Schüler mittels Vortrag und Rollenspiel über sein Tätigkeitsgebiet als Notfallseelsorger. Die Schüler lernten, wie ein Notfallseelsorger Betroffene, Angehörige und Helfer an der Unfallstelle und zu Hause begleitet und wie wichtig die schnelle und unmittelbare seelsorgerische Hilfe für den Menschen ist.
Trauer wird schnell weggelacht / Niemand soll es wissen / Nachts im dunklen kühlen Sarg /Weint man in sein Kissen
Mit viel Feingefühl brachten Frau Meier-Sperling und Frau Gerk von der ehrenamtlichen Wildeshauser Hospizseelsorge den Fachgymnasiasten das schwierige Thema Tod, Sterbebegleitung und Trauerarbeit nahe. Das eindrückliche Gespräch, bei dem auch Tränen flossen, beeindruckte nachhaltig. Den jungen Menschen wurde deutlich, dass der Tod ein Teil des Lebens ist, der aber viel von seinem Schrecken verliert, wenn man weiß, dass man ihm nicht allein gegenübertreten muss.
Wir sehen uns alle jeden Tag / Tun so, als wären wir hart / Doch tief in unserem Innersten / Sind wir ganz hart und zart
Das Thema Sterbehilfe und die daraus resultierenden ethischen Fragen standen im Zentrum des Workshops zur Krankenhausseelsorge von Pfarrerin Dietgard Demetriades aus Oldenburg. Anhand eines Fallbeispiels lernten die Schülerinnen und Schüler verschiedene Sichtweisen auf das Thema kennen, verstanden, dass man in Krankenhäusern manchmal für Menschen existentielle Entscheidungen treffen muss und setzten sich mit klinischen Einrichtungen wie der Ethikkommission auseinander.
Wir machen uns mit Drogen zu / Damit wir nichts mehr fühlen / Gefühle brennen uns im Hirn / Wollen uns den Kopf ausspülen(Lied einer ehemaligen Inhaftierten der JVA für Frauen in Vechta)
Die Referenten boten aber nicht nur einen Einblick in ihre Arbeit, sondern zeigten auch immer ihren persönlichen theologischen Hintergrund auf, vor dem sie ihre Arbeit eben auch als religiöse Arbeit verstehen. Am Ende des langen Tages war man sich einig Kirche war ganz konkret geworden.
Christoph Pauli, BBS Wildeshausen